Es gibt eine für uns unfassbare ur- sächliche Welt, welche als erste Emanation oder Ausstrahlung unmittelbar von Gott stammt. (Unser ganzes sichtbares All ist ja nicht von Gott selbst geschaffen, sondern in seinem Sinne schuf es Luzifer. Er ist also der Herr und Demiurg aller uns sichtbaren Materie, in welcher sich die Ursächliche Welt Gottes widerspiegelt).

 

Diese ur- sächliche Welt ist unter dem qabalistischen Namen „Aziluth“ bekannt. Sie besteht, für unser Fassungsvermögen formuliert, aus den zehn ins Wirken getretenen Ur-Ideen, welche wir als die zehn S e p h i r o t s  bezeichnet.

 

Diese zehn Sephirots werden auch häufig „Der grosse himmlische Mensch Adam Kadmon“ genannt. Am meisten aber sind sie in ihrer symbolischen Darstellung als „Der qabalistische (kabbalistische) Baum“

bezeichnet worden, weil die Form des Baumes und das Aufsteigen der Säfte eine ungefähre Analogie zum sephirotischen Symbol darstellt.

 

Dieser qabalistische Baum der Sephirots, die ur- sächliche Emanation aus Gott, spiegelt sich aus dem reinen Geistleben seines Seins in die Welt der Materie hinein.

 

Der irdische Mensch ist nun ein Kind dieses Alls, der Materie. Aber er trägt in seiner geistigen Struktur alle Strahlungen, Strömungen und Unwägbarkeiten dieses Alls, als Matrix des Seins, als seine grosse Mutter, verankert. Also befindet sich in seiner geistigen Struktur auch die Ensprechungen dieser zehn Sephirots, aus der ur-sächlichen Gotteswelt Aziluth über den grossen himmlischen Adam Kadmon in sein geistiges Dasein hineinreflektiert.  Diesen qabalistischen Baum in der geistigen Struktur des Menschen gilt es zu beleben und zum Blühen zu bringen, eine Aufgabe, die frömmster, hingebenster Mystik würdig ist.  Und jeder Mystiker, welche Richtung auch immer, muss einmal diese zehn Entsprechungen der Sephirots in seiner geistigen Struktur erwecken und beleben, so die ur-sächliche Gotteswelt in sich selbst zur Verwirklichung bringend. Sie spiegeln sich in ihm als zehn Erkenntnis – und Erlebnisstufen wider, die früher oder später einmal bewältigt werden wollen, will der Mystiker das letzte Ziel erreichen.

 

Diese zehn Sephirots werden wie folgt benannt:

 

Aus dem AIN oder EN SOPH, dem Unendlichen , Absoluten, emaniert KETHER, die Krone als UR-Sephirot. Aus ihr emaniert als nächste Chochmah, die theoretische, und Binah, die praktische Vernunft. Es folgt nun CHESED; die Gnade und Liebe, und Geburah die Kraft und Stärke. Weiter: THIPHERET, die Schönheit und Herrlichkeit, NEZACH, der Sieg und die Festigkeit, HOD, der Ruhm und die Glorie, JESOD, der Grund und das Fundament, und als die unterste Sephira MALKUTH, das Reich und die Herrschaft.

 

Weiter will ich die Lehre von den Sephirots nicht ausspinnen, denn wir wollen ja hier keine Qabala betreiben, sondern einem ganz bestimmten Ziel zusteuern zu dem wir dies Wissen als Grundlage brauche.

 

Zwischen den einzelnen Sephirots bestehen nun Verbindungswege, sogenannte Kanäle, durch welche die Kräfte auf – und niedersteigen und wirken. Der ganze qabalistische Baum, der seine Entsprechungen also in den Geistkörper des Menschen hineinprojiziert, dass sie ihm bei genügender Ausbildung Erkenntnis und Erlebnisstufen werden, sieht in seiner Darstellung so aus:

 

 

 

Wenn wir nun das Symbol des „Qabalistischen Baumes“ näher betrachten, fällt uns auf, dass die unteren sieben Sephirots, welche dem astralen und mentalen Plan entsprechen ziemlich gedrängt beieinander liegen.  Von der Erkenntnis – und Erlebnisstufe MALKUTH bis zu JESOD ist es nicht allzu weit und von dort bis TIPHERET ebenfalls nicht. Aber von TIPHERET bis KETHER durchläuft der Kanal (man nennt ihn den „Pfad Gimel“) eine gross und leere Strecke, ehe er zunächst den den BINAH – CHOCHMAH (den Pfad Daleth), in dessen Höhe etwa der kausale Plan beginnt, und schliesslich Kether, die UR – Sephira erreicht. Und diese öde und leere Strecke die bei der gestrichelten Linie oberhalb CHESED und GEBURAH beginnt, ist der furchtbare ABYSSUS, der Abgrund, den der Mystiker zu überqueren hat, will er einmal KETHER, die Krone und damit das Kausale und unvergängliche Sein, erreichen.    

 

Bei gutem Willen und allharmonischer Entwicklung entfalten sich die sieben unteren Sephirots sogar zum Teil allein, wurden manchmal mehr oder weniger, oft sogar unbewusst, zur Erkenntnis – und Erlebniststufen. Aber mit dem Hinter – sich – lassen des Schleiers und dem Abstossen in den Abyssus hinein steht der Mystiker allein, weil hier ihm niemand helfen kann.  Ganz allein muss er den Abgrund erleben und die Überquerung vollziehen!

 

Und nun wollen wir uns am Schluss des Kapitels noch vergegenwärtigen, dass hier keine Phantasien  ausgesponnen oder Theorien dargelegt wurden, sondern dass der Versuch unternommen wurde, etwas ganz Abstraktes, aber völlig Reales und Wirkliches, dem Begreifen des Suchenden näherzubringen. Und wie furchtbar real die Überquerung des Abyssus ist, davon können die Mystiker sprechen, die ihn überquert haben.

 

Der „Qabalistische Baum“ ist also in dem Sinne mit einer „ Landkarte“ zur wirklichen göttlichen Welt, der Welt der Ersten Emanation, dem Reiche Aziluth, zu vergleichen, hinter der das „Kausale Reich“ selbst sich verbirgt. Und jeder Mystiker erlebt das grundsätzliche Wissen, d a s s  S y m b o l   u n d  I d e e   i n  d e r  N a t u r, i m 

M e n s c h e n  u n d  i m  U n i v e r s u m  e i n s   s i n d, auch was den qabalistenen Baum“ anbelangt.           

 

Waltharius

(Walter Studinski)

"Mystik das letzte Geheimnis der Welt"

  

 "Der qabalistische Baum"

Auszug