" Nicht Kunst und Wissenschaft allein,
Geduld will bei dem Werke sein.
Ein stiller Geist ist Jahre lang geschäftig;
Die Zeit nur macht die feine Gährung kräftig"
Die wahre Alchemie ist die Kunst , durch welche der Mensch die in ihm
wirkenden niederen Naturkräfte in höhere geistige Kräfte, oder wie es
symbolisch ausgedrückt wird die niederen "Metalle" in das "Gold" der
Weisheit verwandeln kann. Hierzu sind keine äusserlichen Handwerkszeuge
nötig. Theophrastus Paracelsus sagt hierüber"" Was soll man von den
vielerlei Rezepten und Gefässen sagen, von Öfen, Gläsern, Scherben,
Wassern, Ölen, Salten, Schwefeln,........ von Calcinieren, Sublimieren,
solvieren, Fixieren, Koagulieren, Dirigieren, Probieren u.s.w.? Alles
dies ist in der Alchemie vergebene Müh' und Arbeit. Daraus ist in
Wahrheit nichts zu machen, sondern man muss alles fahren und stehen
lassen. (Coelum Philosophorum"s.588.
Der Mensch selbst ist das Gefäss, der "Topf", in welchem sowohl die
Naturkräfte, als auch die Kraft Gottes waltet und wirkt und kocht. Er
ist selbst das Feuer, der Ofen und die Retorte. Wenn er das Feuer der
göttlichen Liebe in seinem Herzen nicht erkalten lässt und sein Wollen
und Denken beständig zum Höchsten erhebt, dann sublimiert" aus den edlen
Empfindungen das Gold der Weisheit, das ihn zum Bewusstsein der
Unsterblichkeit und zum ewigen Leben bringt. Aber
Er sucht beständig in äusseren Dingen für die Kraft, die er nur in sich
selbst finden kann; er jagt äusserlichen Idealen nach, die ihm
entschwinden, sobald er sie fassen will, anstatt das Ideale in sich
selbst zu ergreifen, und er verliert sich im Reiche der Phantasie.
Es steht jedem Menschen frei, durch die ihm innewohnende göttliche Kraft
unsterblich zu werden. Durch die körperliche Nahrung nimmt er das
materielle Leben in der Natur in sich auf, aber das Gefäss desselben,
der Körper, ist vergänglich und stirbt. Das intellektuelle Leben ernährt
seinen Intellekt, aber auch die intellektuelle Tätigkeit ist nicht von
langer Dauer; das Wissen ist Stückwerk und zerfällt. Nimmt er aber das
geistig göttliche Leben in seinem Inneren auf, so verbindet er sich mit
der Quelle des ewigen Lebens, welche die Menschen "Gott" nennen. Gott
ist Eines und Alles; der Mensch ohne Gott ist ein Nichts, eine Null.
Wird diese Null mit der Einheit verbunden, so entsteht die Zehn und der
Mensch findet sein wirkliches Dasein in Gott. Somit besteht die
Kunst, Unsterblichkeit zu erlangen , in der Ausübung der Kraft aus Eins
Zehn zu machen.
"Du musst verstehn!
Aus Eins mach' Zehn."
Die Einheit existiert für die Null erst dann, wenn die Null sie erkennt.
Ein göttliches Dasein, welches der Mensch nicht empfindet, und dessen er
sich nicht bewusst ist, ist für ihn ein Nichts. Deshalb hält er die
Illusion seiner vergänglichen Persönlichkeit für die Einheit, um die
sich alles dreht. So lebt und stirbt er in seiner Täuschung; für ihn
gibt es keine Erkenntnis der Wahrheit.
Ferner heisst es im "Hexen-Einmal-Eins":
" Die Zwei lass gehn."
Darunter ist zu verstehen, dass der Mensch, solange er an der Zweiheit
und Getrenntheit festhält, die Einheit nicht finden kann. Wenn er sich
und Gott für zwei verschiedene Wesen hält, so stellt er sich Gott
gegenüber, und kann die Gottheit, das Wesen aller Erscheinungen, nicht
als sein eigen erkennen. Nicht dass sich der Mensch einbilden solle ein
"Übermensch" oder Gott zu sein, sondern in seinem innersten Bewusstsein
soll die Erkenntnis erwachen, dass Gott sein wahres Selbst und das wahre
Selbst aller seiner Geschöpfe ist.
"Der alberne Tropf,
Er kennt nicht den Topf,
Er kennt nicht den Kessel."