Was ist das Höhere Selbst, was ist das Ego?

Frater Gragorianus: Fangen wir mal so an: Wir haben einen universellen Geist oder einen universellen Gott. Und wir haben einen persönlichen Gott. Jeder Mensch hat einen persönlichen Gott. Das ist das Höhere Selbst. Der Unterschied zwischen beiden besteht darin, dass der universelle Gott oder der universelle Geist vielleicht vergleichbar wäre mit einer Sonne und das Höhere Selbst wäre vergleichbar mit einem Strahl dieser Sonne, ist ihr vollkommen angeschlossen, hat in jeder Beziehung auch dieselben Eigenschaften, nur der Unterschied besteht darin, dass das Höhere Selbst oder der persönliche Gott uns über die vielen Jahrtausende unseres Seins geführt hat und dadurch auch mit dem ganzen Sein und Nichtsein programmiert ist.

Dann wäre zunächst noch zu sagen, das Höhere Selbst – und was ist nun das andere? Das niedere Selbst? Nein, das ist das Ego. Und vom Ego ist ja immer sehr viel Gerede. Was ist nun eigentlich das Ego im Gegensatz zum Höheren Selbst? Das ist gar nicht einfach zu erklären, und zwar deswegen nicht, weil das Ego vom Höheren Selbst geleitet wird. Es wird geführt. Trotzdem ist es eine Summe des Bewusstseins von unseren ganzen Leben seitdem wir geschaffen worden sind, das sagte ich vorhin schon. Bis zum heutigen Tag ist das Ego programmiert mit den ganzen Erlebnissen unseres Seins und Nichtseins, unseres Karmas, unseres Schicksals  ist es programmiert. Das Höhere Selbst hat aber trotzdem einen sehr intensiven Einfluss auf dieses Ego, was sich ganz besonders dann bemerkbar macht, wenn wir in Not geraten. Dann sagt man plötzlich: Er hat einen Schutzengel gehabt. Dieser Schutzengel ist natürlich zum großen Teil, es gibt natürlich auch Helfer da, das ist ganz klar, aber meistenteils ist das unser Höheres Selbst, das uns hier führt und das uns auch aus der Notlage herausbringt.

 Ich möchte mal zum Ego so einige Gedanken sagen, die ich mal so niedergeschrieben habe, was man so darunter versteht:

Das persönliche Ego leitet das eigene Licht des Bewusstseins und die Kraft zum Handeln wird von ihm selbst geführt, d.h. mit anderen Worten, was ich vorhin schon sagte, das Ego steht unter der Herrschaft des Höheren Selbst, des Überselbst.

Das Ego ist auch das, was wir im Allgemeinen kennen in der Form, wenn es immer wieder heißt: Es ist dein Ego, es ist deine Verletzbarkeit, die jetzt z.B. aus dem Ego herauskommt.

Was mich jetzt interessiert: Es heißt zum Beispiel hier, dass das persönliche Ego das eigene Licht des Bewusstseins und die Kraft zum Handeln vom Überselbst ableitet. Um das noch einmal ganz klar herauszustellen: Das Ego leitet die Kraft vom Überselbst ab. Das sagt doch schon ganz eindeutig aus, dass das Ego einfach diesem Überselbst unterstellt ist, sonst könnte es die Kraft nicht ableiten. Und das gilt es zu erkennen! Wir müssen unbedingt versuchen zu erkennen, dass wir dieses Überselbst sind, dass wir das Ego nicht sind. Und wenn es uns noch so viele Schwierigkeiten macht, wir sind das Ego nicht. Wir sind es nie gewesen und wir werden es auch nie sein. Und dieses Anerkennen des Überselbst ist so sehr wichtig, um es dann im Tod zu sehen. Einen Freund kann ich begrüßen, den kenne ich, aber den ich nicht kenne, den ich nie kennenlernen wollte, den kann ich am Ende auch nicht begrüßen. Deswegen ist eines der Punkte, oder ein wichtiger Punkt, dass wir zu Lebzeiten begreifen, dass wir selbst dieses Überselbst sind. Das ist schwer, weil wir immer nur unsere Schwächen und unsere Fehler sehen, die aber aus dem Ego kommen, das ist ein Unterschied. Wir sind vollkommen, alle!

 

Frater Gragorianus: Jein, jein insofern: Das Höhere Selbst ist unser persönlicher Gott, was ich vorhin schon sagte, durch diese lange Erfahrung, aber eine Metastase oder eine Abspaltung des Allgeistes, der da ist. Dieses Höhere Selbst kommuniziert ununterbrochen mit dem Allgeist, er steht ständig mit ihm in Verbindung. Ich will mal die Kahuna – Magie zitieren, die gehen von einem niederen, mittleren und höheren Selbst aus. Da ist es besser deklariert als bei uns. Das niedere Selbst sind unsere Leidenschaften, das wäre das, was wir als Ego bezeichnen, das mittlere Selbst ist unser Verstand und das Höhere Selbst ist unser Geist.

Erst einmal muss ich erkennen, dass ich dieses Höhere Selbst in Wirklichkeit bin.

Das ist der erste Punkt. Und diese Erkenntnis ist schon so furchtbar schwer, deswegen heißt es ja immer: Wenn ich erkenne, wer ich bin, dann kann ich alles Weitere ganz ruhig jedem überlassen. Und dieses Erkennen ist nun mal eben der Punkt, dass ich begreife, dass ich nicht dieses Ego bin. Das Ego ist eine Summe von Bewusstsein, welches sich in vielen, vielen Jahrhunderten, Jahrtausenden, was weiß ich, wie alt die Seele ist, angesammelt hat, um am Ende uns immer wieder abhängig zu machen, um in dem Tierkreis zu bleiben, nicht aus diesem Tierkreis heraus zu kommen, und das ist der ewige Moment wie in der Zirkusarena, dass wir immer wieder im Kreise herumrennen und kommen niemals raus. Das können wir nur, wenn wir versuchen, persönlich aus diesem Tierkreis herauszubrechen. Und das ist ein nicht so einfacher Weg, ist aber auch nicht so schwer, es ist auf alle Fälle erreichbar. Und dazu gibt es einige Hilfsmittel, mit denen man arbeiten kann, und das ist ja auch das, was wir hier praktizieren wollen.

Dabei ist und bleibt es immer wieder offen, ob ich das aus mir persönlich heraus meditieren möchte oder ob ich mich da lenken und leiten lasse, ob ich mich von vornherein meinem Höheren Selbst unterstelle. Darüber muss ich mir im Klaren sein, wenn ich mich meinem Höheren Selbst unterstelle, dann ist mein persönliches Wollen weitestgehend in den Hintergrund gedrängt, und zwar deswegen, weil der persönliche Gott, mein Höheres Selbst, wie das die sechzehnte Tarot -  Karte zeigt, erst einmal alles zerstört, was der Mensch aufgebaut hat, um dann darauf neu aufzubauen. Und das kann ein sehr schmerzlicher Vorgang sein. Das möchte ich gleich dazu sagen, das ist nicht so ganz einfach. Denn wir wissen ja nicht, was in uns drin ist, was zerstört werden muss, was wieder aufgebaut werden soll. Auch diese Dinge sind und bleiben nun mal irgendwo letzten Endes der Gnade überlassen und es ist sehr, sehr wichtig, dass wir dieses mit begreifen, denn, wenn wir das nicht in den Vordergrund stellen, dann wird es immer nur ein Ego-Verlangen sein. Dann wird es immer nur aus dem Ego herauskommen, dass ich irgendetwas tun möchte und das ist nicht genug, das wird nicht reichen, auch, wenn das Ego zehn Mal diesem Höheren Selbst  angeschlossen ist, ist es nicht möglich, etwas zu erreichen ohne, dass sich das Höhere Selbst in seiner Gnade mit uns auseinander setzt. Deswegen ist auch hier wieder die Demut sehr wichtig, dass ich auch immer wieder sage, es kommt nicht aus mir, was geschieht, sondern es kommt aus meinem Überselbst, aus meinem Höheren Selbst, dem ich mich unterstellt habe.

Frater Gragorianus: Sehen Sie mal, nur so viel sei dazu noch gesagt: Wenn Sie das Höhere Selbst sind, und ich habe anfangs versucht zu erklären, was das Höhere Selbst ist, dann können Sie das auch ändern. Natürlich lehrt die Kirche das nicht ohne weiteres, da haben Sie Recht, die bringt das nicht in dieser Form. Es bringen aber sehr viele geistige Vereinigungen, die das auch ganz klar herausstellen. Das ist nicht von mir, nicht auf meinen Mist gewachsen. Bloß, ich bin ja selbst so einen ähnlichen Weg gegangen, um das zu wissen, dass die Verwirklichung hier nicht alleine von unserer Arbeit abhängig ist, deswegen habe ich immer wieder gesagt, die Gnade ist das Entscheidende, ohne die Gnade geht es nicht, das ist ganz klar, aber in dem Augenblick, in dem ich mich dieser Gnade unterstelle, es ist so eine Art – ja, es steht in der Bibel geschrieben: Du sollst nicht schwören und ich würde es auch nicht als Schwur bezeichnen, aber wenn ich jetzt einmal sagen würde: Gut, ich bin  meinem Höheren Selbst gegenüber bereit, dass es jetzt meine Führung übernimmt.

Was ist denn dieser ganze geistige Weg?

Der geistige Weg ist weiter nichts als das: Dass die Kunst einsetzt, wo die Natur einfach aufhört. Die Natur kann Sie immer nur so weit führen wie sie selbst vollendet  ist, darüber hinaus kann die Natur mit Ihnen nicht gehen. Und dann muss die Kunst einsetzen. Die Kunst ist das, was wir früher mit Alchemie  bezeichneten oder was man heute eben mit allen möglichen Mitteln erreichen kann, das ist die Kunst, die dann einsetzt.

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Das Sehen des Urlichts
Frater Gragorianus
Auszug aus dem 1. Vortrag

Disziplin (Das Sehen des Urlichts)