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Franz Hartmann |
Beantwortung von Leserfragen,
Auszüge aus dem "Briefkasten" I.+ II. Semester 1896 |
Spiritualismus/Spiritismus |
K.P. in Z. - Unter "Spiritualismus" im Gegensatz zum
"Materialismus" verstehen wir "Geistigkeit", d.h. den Besitz geistiger
Wahrheitserkenntnis, aus welchem eine höhere geistige Weltanschauung als
die oberflächliche materielle Weltanschauung entspringt. Unter
"Spiritismus" dagegen verstehen wir denjenigen Teil der Metaphysik,
welcher sich mit den geistlosen sterblichen Überresten von Menschen,
deren sichtbare Körper gestorben sind, befassen. Von diesem Standpunkte
aus erscheint der Spiritismus als eine Naturwissenschaft und hat seine
Berechtigung, vorausgesetzt, dass man dabei die Gesetze, auf denen er
beruht, zu erforschen sucht, was bei der Mehrzahl der Spiritisten nicht
der Fall ist, das sie nur an den dabei auftretenden Phänomenen
hängen, denselben eine nicht vorhandene Ursache zuschreiben, und an der
verkehrten Auffassung dieser Dinge so festhalten, dass sie die wahre
Ursache derselben nicht zu erkennen imstande sind. |
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Übungen zur Entwicklung der
Astralsinne und Hellsehen |
R.N. in T. - Übungen zur Entwicklung der
Astralsinne und Hellsehen u. dgl. zu erlangen, können wir Ihnen durchaus
nicht empfehlen. Erlangt dagegen die geistige Entfaltung einen gewissen
Grad, so tritt die Eröffnung der inneren Sinne von selber ein. Ein
Mensch, mit innerlichem Sehen begabt, aber ohne geistiges
Selbstbewusstsein, befindet sich auf der Astralebene in der Lage eines
Kindes, welches wohl die Gegenstände in seiner Umgebung sieht, aber
deren Natur nicht erkennt, und dadurch irre geleitet wird. Wer aber zur
geistigen Erkenntnis der Wahrheit gelangt, der erkennt auch das wahre
Wesen der Dinge auf allen unter seinem Standpunkte liegenden Ebenen, und
läuft dabei keine Gefahr. Die richtige Übung, um die Erkenntnis der
Wahrheit zu erlangen, aber besteht darin, dass man die Seele zum Reiche
des Höchsten erhebt, die geistigen Wahrheiten in sich aufnimmt und sie
nicht wieder vergisst. |
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Herr über seine
Gedanken |
B.V. in L. - Ob
man Herr über seine Gedanken und selber zu denken fähig ist, erkennt man
daran, dass man fähig ist, nach Belieben einen einzelnen Gedanken
festzuhalten, ohne dass einem ein anderer Gedanke dazwischen kommt. Nur
wer Herr über seine Gedanken und Empfindungen ist, der ist Herr über
sich selbst. Versuchen sie es gefälligst, und auch nur zwei Minuten
einen einzigen Gedanken festzuhalten, ohne sich dabei etwas anderes
"einfallen" zu lassen. |
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