G.H. in F.(LB 1894/1)
Die christlichen Symbole sind nicht weniger bedeutungsvoll als diejenigen der Orientalen, und wenn dieselben von den "Gebildeten" nicht gehörig gewürdigt werden, so komm dies daher, dass unserer "gebildeten Klassen" nicht gebildet genug sind, um ihren tiefen Sinn zu begreifen. Im Kreuze sowohl als im doppelten Triangel ist der Mensch selbst und dessen Vereinigung mit Gott d.h. mit seinem göttlichen, universellen "Ich" dargestellt. |
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Wie sie aus obiger Figur
sehen, ist der unsterbliche Mensch während seines Daseins auf Erden an
dieses sterbliche Kreuz geheftet; der Mensch selbst ist dieses Kreuz und
auch der Gekreuzigte. Mit seinen niederen materiellen Grundteilen
wurzelt er im Materiellen; sein Haupt ragt über die horizontale
Scheidungslinie in das Reich des Geistes empor. Nicht durch theologische
Spekulationen oder Träumerei, sondern nur durch die wahre innerliche
Erhebung seiner Seele (Manas) zum Göttlichen (Atma Buddhi) kann er
ins Reich des Unsterblichen eindringen und zur geistigen
Selbsterkenntnis gelangen. Ohne diese Erhebung nützen ihm alle seine
Theorien in Bezug auf die Unsterblichkeit nichts und können ihn nicht
unsterblich machen. Die vertikale Linie des Kreuzes stellt die Stufenleiter des nach aufwärts strebenden Menschen dar; sie ist das Symbol seiner geistigen Evolution; die horizontale Linie ist das Symbol der Scheidung des Sterblichen vom Unsterblichen, des Reiches der Selbstsucht und des Sonderseins vom Selbstlosen und Allgemeinen. Was nützt es mich, daran zu glauben, dass einmal vor langer Zeit ein göttlicher Mensch gekreuzigt worden sei, wenn ich nicht den in mir selbst gekreuzigten Gottmenschen in Wahrheit erkenne und danach strebe, in ihm aufzugehen und Eins mit ihm zu werden? Diese Erlösung durch das Einswerden mit dem Erlöser (Atma-Buddhi Manas), der im Herzen von allen wohnt, wird nicht nur in der Bhagavad Gita, sondern auch von allen christlichen Mystikern gelehrt; um aber ihre Lehren zu begreifen, muss man sich von verkehrten äusserlichen Anschauungen losreissen, und den inneren Sinn der Symbole im Innern, in sich selbst, fühlen und begreifen lernen. Dies geschieht aber durch das Licht der Vernunft, welches aus dem unsterblichen Teile des Menschen in seinen sterblichen "Manas" scheint. |
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