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Franz Hartmann |
Beantwortung von Leserfragen,
Auszüge aus dem "Briefkasten" II. Semester 1896 |
"okkulte
Übungen" |
E.P. in F. - Wenn Sie, wie Sie sagen, bei Ihren
"okkulten Übungen täglich körperlich elender" werden, so würde ich Ihnen
raten, diese "Übungen" sogleich aufzugeben und wieder zur Vernunft zu
zurückzukehren. Die wahre okkulte Übung ist, dass der Mensch aus der
Quelle des Lebens trinkt, und durch dieses Lebenselexir erwacht nicht
nur das geistige Leben, sondern es wird durch dasselbe auch der Körper
gestärkt. Hierbei ist folglich wohl von einem Verschwinden der
Leidenschaften, oder vielmehr von einem Hinauswachsen über dieselben,
nicht aber von einem Dahinwelken des Körpers infolge der geistigen
Entwicklung die Rede; es ist vielmehr die Schwärmerei und der
Mediumismus, welche diese Krankheitszustände bewirken. Durch dieses
Aussersichselbstleben verliert sich der innerliche Halt; die Festigkeit
des Charakters verschwindet, und dabei geht schliesslich auch der
physische Körper zu Grunde. Eine "geistige Entwicklung", bei der der
Geist verdummt, die Seele verkümmert und der Körper erkrankt hat keinen
Wert. |
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"göttliche Natur" |
M.N. in K.- Jeder Mensch ist in seinem
wahren Wesen göttlich und braucht es nicht erst zu werden. Jeder in dem
die Göttlichkeit seines wahren Wesens zu seinem Bewusstsein gekommen
ist, ist ein Adept/Adeptin, und zwar ist er es in dem Grade, als diese
Gotteserkenntnis in ihm erwacht. Ein solcher Mensch ist fähig,
zwischen seiner Gottesnatur und seiner Persönlichkeit zu unterscheiden.
Er betrachte die letztere nicht mehr als sein "Selbst", sondern nur mehr
als sein Werkzeug. Er ist sich seines Daseins auch ohne dieses Werkzeug
bewusst. Er kann dasselbe nach belieben ablegen und auch ohne dasselbe
geistig wirken. Er kann sein Bewusstsein dorthin versetzten, wo es ihm
beliebt. Der geistige Verkehr mit einem Adepten findet nicht durch
äusserliche Mittel, Erscheinungen u. dgl. statt, sondern dadurch, dass
das Bewusstsein der Gegenwart des Adepten die Seele des Schülers
erfüllt, und auf diese Art überträgt der Meister seine Gedanken auf den
Schüler. Wer den Geist des Meisters, der sich ihm naht, durch seinen
Skeptizismus zurückstösst und erst äusserliche Beweise verlangt, wird
diesen Geist schwerlich empfangen und in sich aufnehmen könnn. |
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"Vergeistigung" |
J. P. in D. - Es gibt zweierlei Arten von "Vergeistigung". Die falsche ist es,
wenn der Mensch immer geistiger und sensitiver wird, indem er sich der Träumerei
und Schwärmerei ergibt und ausser sich selbst lebt. Dabei wird der Körper immer
kränklicher, weil der innerliche Halt mangelt; der Mensch wird zum "Medium" und
verliert schliesslich seine Individualität. Die andere und wahre Vergeistigung
ist das Gegenteil davon. Hierbei nimmt das höhere individuelle Selbstbewusstsein
und damit auch der Köper an Kraft und Stärke zu, und das Feuer der Liebe im
Innern durchdringt den Körper und das Licht der Erkenntnis strahlt hinein in die
geistige Welt. Dies ist das "Elexir des Lebens", welches nicht nur der Seele,
sondern durch die Seele auch dem Körper Kraft und Gesundheit bringt. |
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