Auszug aus den «Denkwürdigen Erinnerungen» von    Dr. Franz Hartmann

Tagebuch-Notizen

Unter den Rosenkreuzern gesammelt

 

 

1)    Die Weisheit ist ein kostbarer Schatz, den nur derjenige kennt, der ihn durch die Gnade Gottes empfangen hat.

 

2)    Trotz allem Vielgelehrten auf der Welt muss man auf dem Wege der Kunst des Lebens zum Kinde werden und Buchstaben lernen.

 

3)    Wer den Stein der Weisen finden will, der muss in das innere der Erde hinabsteigen. – Wer dies verstehen will, der muss erst reif sein zum höheren Fühlen und Denken.

 

4)    Erhebt eure Seele zu mir, und ich will euch wunderbare Dinge zeigen.

 

5)    Wir können das Äussere nur dann in das innere bringen, wenn wir vom Geiste der Liebe durchdrungen sind.

 

6)    Der elementarische Geist kommt von der äusseren Natur, der mentalische Geist (der Geist der Liebe und Gerechtigkeit) ist aus der Engelswelt, und der dritte, das Licht, ist der Gottesgedanke.

 

7)    Der Mensch ist aus Gott, um des Wortes willen, aus der Natur, um des Geistes willen, und aus den Elementen, um des Zeugnisses Willen.

 

8)    Die Luft ist Wasser, die Erde Feuer, die Sonne das Leben, die Liebe der Geist, das Licht der Gedanke, das Leben die Ewigkeit.

 

9)    Die Gnade Gottes ist die Selbsterkenntnis.

 

10)      Was wir in unserem Innern sehen, sind die Bilder unserer Handlungen.

 

11)      Ehe der Mensch die organischen Vorgänge seines Körpers beherrschen kann, muss er zuerst seine Seelenregungen durch die Kraft seines Geistes beherrschen können, denn der Körper ist der Ausdruck der Seele. Man muss von innen nach aussen und nicht von aussen nach innen zu wirken versuchen; denn man muss geistig entwickelt sein, um Geistiges leisten zu können.

 

12)      Angestrengte körperliche Arbeit ermüdet den Körper.  Arbeit im Geistigen (Göttliche-Geistigen) kann körperliche Schmerzen verursachen und zwar durch den Geist, der Mark und Knochen durchdringt.

 

13)      Niemand kann sich dem Feuer nahem, in welchem Gott wohnt, weil es das geistige Wort ist. In sich selbst muss es durch das Licht entzündet werden, wodurch man selbst zum Feuer (oder Worte) wird.

 

14)      Gleich wie Felsen nach und nach zerfallen, sich auflösen und in ein anderes Sein übergehen, so muss es mit dem Gegensatze in uns geschehen.

 

15)      Durch das Sinnliche kreuzigt sich der Mensch selbst, wenn er demselben untertan ist, anstatt sich dasselbe zu unterwerfen.

 

16)      Gott gibt uns einen Geistesnamen zu unserem Fortschritt, damit wir uns durch diesen erinnern sollen an unsere Mission. Dieser Name soll uns eine Kraft sein in der Zweifelsucht und im Unglauben. Er soll uns aus dem Tierischen und Materiellen erheben, und uns das Bewusstsein geben, dass wir Ebenbilder des Geistmenschen sind. «Liebe Gott über alles und deinen nächsten wie dich selbst.» Wie haltet ihr dieses Gebot?

 

17)      Wie die Kirchenglocken die Menschen zur Andacht rufen, so ruft die Stimme der Seele den Menschen zu Gott.

 

18)      Gleich dem Gold, das man der Erde entnimmt um es im Feuer zu läutern, so muss die Seele aus dem Fleische gezogen werden, um im Feuer des Glaubens geläutert zu werden.

 

19)      Die Krone des Lebens ist die Erkenntnis der Wahrheit. Sie soll das Haupt des Menschen zieren. Wer sie besitzt, der hat Wahrheit und kann die Tiefen der Gottheit erforschen.

 

20)      Des Menschen Innern ist gleich einer Harfe. Wenn die Saiten richtig gestimmt sind, do herrscht darin vollkommene Harmonie.

 

21)      Das Herz ist die Hülle des Gedankens. Nicht im Kopfe, sondern nur im Herzen kann der Gedanke sich zum göttlichen Gefühle entwickeln.

 

22)      Es gibt keine Schlüssel, welche die Türe von selbst öffnen; wir müssen die Hände haben, um die Schlüssel zu gebrauchen. Durch die Handlung bewahrt sich die Kraft.

 

23)      Kein Mensch kann untergehen, solange die Hoffnung in ihm lebt.

 

24)      Gäbe es keinen Irrtum, so gäbe es keine Kämpfe um ihn zu überwinden. So aber muss die Wahrheit mit Schmerzen geboren werden.

 

25)      Wer gerecht sein will, muss dasjenige tun, was sein Glaube fordert, und dies ist schwer. Die Leiden sind das Leben des Glaubens. Ohne dieselben ist der Glaube tot.

 

26)      Ein reines unschuldiges Menschenherz kann stehts den Himmel sehen und fühlen, und nach Belieben in ihm ein- und ausgehen.

 

27)      Gleichwie ein Wasserstrom von der Höhe in die Tiefe dringt und alles zerstört, was nicht haltbar ist, so muss auch unser Geist in die tiefen Gemächer der Hölle dringen und Fleisch und Kräfte hervorbringen.

 

28)      Wenn der Glaube in unserm Herzen lebendig ist, so trägt er uns über die hohen Berge und tiefen Täler; er überfliegt die breiten Meere und durchdringt das Dickicht der Wälder.

 

29)      Wer innerlich Zufriedenheit hat, der fühlt in sich die Seligkeit, welche kein Ende hat.

 

30)      Die Leidenschaften sind die Wolken, welche uns das Licht verbergen.

 

31)      Alle Formen bilden Worte, aber der Seelengeist ist keine Form; er ist das Wort (die Kraft) des Lebens.

 

32)      In den Händen liegt die Handlung um Gutes am Nächsten zu üben. Die Liebe zum Nächsten muss durch die Hände wirkend sein.

 

33)      Wenn du Gott über alles liebst, so musst du auch bei allem, was über dich kommt, fest auf den Füssen stehen bleiben. Wenn wir aber schwanken oder zum Falle kommen, so erkennen wir daran, dass unsere Liebe nicht vollkommen ist.

 

34)      Wir sollen alles mit Geduld ertragen, was über uns kommt, besonders von unseren Feinden, und nicht Gerechtigkeit suchen, sondern alles dulden, wenn auch das Herz dabei blutet.

 

35)      Bei einem Menschen der nach dem Göttlichen strebt, treten infolge der hierdurch erweckten Energie auch die niederen Einflüsse stärker hervor; denn es begegnen sich hier zwei Pole, die sich gegenseitig bekämpfen. So du aber deinen Geistnamen ernstlich im Selbstbewusstsein denkst, so wirst du staunen ob dessen Kraft, vor der alle niederen sinnlichen Gedanken weichen müssen. Der Mensch muss gleichsam Gott in sich zum Leben wachrufen; denn Gott ist nur denkbar als Kraft in uns, und wir müssen ihn erkennen im Gedanken als Urkraft, im Gefühl als Wirkungskraft und in allen unseren Handlungen als Schaffungskraft in der Offenbarung.

 

36)      In der Kunst des Lebens erzogen zu werden ist eine Aufgabe, die jeder Mensch sich selbst stellen soll. Der Weg zum wahren Leben, zum höheren geistigen Licht und zur Selbsterkenntnis ist nicht leicht und gelingt nur einem standhaften mutigen Menschen; denn Licht und Finsternis treten als mächtige Kämpfer im Menschen entgegen.

 

37)      Wer zur Auferstehung im Geiste gelangt ist, der braucht nicht mehr reinkarinert zu werden, es wäre denn, er übernähme freiwillig eine Mission für die Welt.

 

38)      Der Mensch kann als das edelste Geschöpf betrachtet werden., weil ein jeder von dem Urgedanken, welcher Gott ist, einen Funken empfangen hat; denn dieser Funke verbindet sich mit Gott und mit dem Geiste der Welt, und bringt ihn in Harmonie mit der Weltseele. Willst du den Weg zur Unsterblichkeit wandeln, so muss du den Gottesgedanken in dir verkörpern durch das Wort: Es werde! (d.h. durch die Tat.)

 

39)      Der richtige geistige Führer des Menschen, den jeder in sich selber finden muss, ist der Funke aus Gott in uns, und er kann in allen fünf Sinnen wahrgenommen werden, wenn dieselben erwacht und lebendig sind. Der Schüler hat keine Macht über den Meister; der Führer in unserem Innern steht in der Freiheit, und tut sich kund in Liebe und Gnade demjenigen, der sich ihm unterordnet. Wir müssen danach streben, in den Geist zu kommen und in ihm zu bleiben, und nicht aus ihm herauszutreten, als wenn es nötig ist.

 

40)      Grüble nicht über das Vergangene und sorge dich nicht um die Zukunft. Das Vergangene hat für die Wahrheitssuchenden keinen Wert und das Zukünftige entspringt aus der Gegenwart. In der Gegenwart offenbart sich der göttliche Geist im Menschen als ein Licht , umgeben vom Glanze der geistigen Sonne.

 

41)      Einem Menschen, der auf dem Wege der Veredelung seiner selbst fortzuschreiten bemüht ist, werden von allen Seiten Hindernisse in den Weg gelegt; von Gott, von der Natur und von den Menschen, um in zu stählen für den geistigen Weg der Selbsterkenntnis und Selbstbeherrschung, der nicht leicht und auch nicht jedermanns Sache ist. Viele sind berufen, aber wenige auserwählt. Der Beruf ist schwer, die Auserwählung noch schwerer; aber ohne Kampf gibt es keinen Sieg. Darum lasst nicht ab von euren Kämpfen, um das höhere Ich in euch zum Leben im Geiste zu erwecken.

 

42)      Der geistige Weg ist nicht leicht. In die Wahrheit kann man dringen, und man ist schon in ihr mit der ersten Offenbarung im Innern; aber an die Quelle der Wahrheit zu kommen, dies erfordert Jahre; denn sie ist die Quintessenz aus dem Mittelpunkte des geistigen Lebens. Der siegreich auferstandene Mensch kann aus ihr schöpfen; aber wir liegen noch im leidenden Grabe unserer Vielheit der Leidenschaften.

 

43)      Des Menschen Aufgabe ist es, sein wahres Ich zu retten und in die Höhe zu bringen, wohin dasselbe gehört. Kurz ist des Menschen Leben auf Erden, und deshalb ist es seine Pflicht gegen Gott und sich selbst, während dieses Lebens das Ewige in sich zu verwirklichen, damit, wenn er scheidet, seine Seele leuchte, im göttlichen Licht.

 

44)      Geheimnisvoll ist das Wirken des Geistes Gottes im Menschen. Wohl demjenigen, dem das goldene Seil der erlösenden Gnadenkraft zugeworfen wird, und der es erfasst, und sich daran emporziehen lässt durch die Güte der Allmacht des Ewigen.

 

45)      Es ist nicht jedermann reif zur Erkenntnis der Wahrheit, solange er nicht durch die geheime Schule des Lebens gegangen ist. Die Theorie mag sehr schön sein, aber selber in der Wahrheit leben ist unser Ziel. Der Weg zum Lichte geht nur stufenweise und langsam vorwärts, aber der mutig Beharrliche weicht niemals zurück.

 

46)      Geistige Offenbarungen in unserem Innern geschehen nicht dadurch, dass wir sie wollen oder wünschen; denn unser Wille ist von dieser Welt und hemmt nur den wirkenden Geist in uns. Sobald aber unser Wille aufhört zu wollen, wir der Geisteswille in uns kund. Dann kommt hervor eine Geburt, die für uns eine nützliche Offenbarung ist.

 

47)      Der Mensch kann nur in seinem Innern dasjenige finden, was der Endzweck seiner Bestimmung ist. Wo anders könnten wir unsere Ruhe finden, als in unserem Innersten? Im Innersten ist das Göttliche. Je mehr wir in dasselbe eindringen, umso ruhiger werden wir werden. Je mehr ihr in euch herabsteigt, umso mehr wird Geisteskraft euch erhöhen.

 

48)      Wo das Materielle anfängt, da müssen wir mit unserem Willen kämpfen, um zu vertreiben was uns hinderlich ist. Kommen wir aber ins Innere, an die Schwelle des Heiligtums, dann soll unser Wille aufhören und wir frei sein.

 

49)      Es gibt keine Schüler im Geistigen, die sich nicht selber irgendwo Hindernisse in den Weg legen; aber gerade diese sind es, welche uns zum Bewusstsein bringen und das Verlangen nach dem Höheren immer aufs neue in uns anregen.

 

50)      Jeder Mensch hat seinen geistigen Führer; aber nicht jeder hat die Gnade Gottes, ihn in allem zu erkennen.

 

51)      Wer im Kampfe der Wiedergeburt steht, der soll nicht nach rechts oder links sehen, sondern warten, bis er eine feste Grundlage hat, wo es nicht mehr möglich ist zu fallen, wenn Stürme kommen. Wer fest steht, kann alles prüfen und lernen, indem er es als einen Durchgang betrachtet.

 

52)      Das Wort üben ist eine Gnade Gottes; denn nur was von oben herabkommt kann auch wieder hinaufsteigen.

 

53)      Wahrheit ist alles Materielle, was wir von aussen sehen, greifen, hören u.s.w. Offenbarung aber ist, was wir im Innern in allen fünf Sinnen wahrnehmen, und was ausserhalb nicht vorhanden ist.

 

54)      Geistiger Gehorsam ist es, wenn man so viel als möglich gegen den Eigenwillen ankämpft.

 

55)      Wenn der Körper krank und angegriffen ist, so tritt das Innersinnliche stärker hervor, weil dann die Nervenkräfte geschwächt sind und damit auch der Lebenswille.

 

56)      Wo keine Versuchung ist, da ist auch kein Kampf und kein Sieg. Wer nichts in sich zu bekämpfen hat, der gleicht einem Toten, welcher nie fähig ist, zum wahren Leben zu gelangen.  Das Unterliegen in solchen Kämpfen ist keine Schande, wohl aber ist es ein Zeichen von Schwäche, wenn man mutlos liegen bleibt und sich nicht wieder erhebt.

 

57)      Wenn die inneren Sinne erweckt sind, so nehmen wir durch sie die Gegenwart des höheren Ichs in uns wahr.

 

58)      Das grösste gute Werk, das ein Mensch vollbringen kann, kann er vor allem an sich selbst tun, indem er sich emporhebt zum Licht, und nicht den finsteren Mächten Gewalt über sich lässt.

 

59)      Wer unzufrieden ist mit dem, was er erhalten hat, macht sich unfähig mehr zu empfangen. Je reiner die Danksagung erschallt zumThrone des Ewigen, umso klarer und heller wird es in unserem Innern. Wer für das Kleine, das er geistig erhalten hat, dankbar ist, dem wird Grösseres zu teil.

 

60)      Es gibt ein zweifaches «inneres Wort», nämlich ein wahres und ein verkehrtes. Das verkehrte oder Lügenwort kommt durch den Eigenwillen hervor, das wahre durch die Selbstverleugnung. Wer nicht mehr selbst will, sondern Gottes Willen in sich regieren lässt, der geht nie irre. Ein solcher Mensch ist im wahren Selbstbewusstsein, geläutert in der Ruhe; darum bekommt er auch ein wahres Wort aus Gott; der unzufriedene und aufgeregte Mensch ist immer verkehrt, und deshalb ist auch sein inneres Wort verkehrt und er betrügt sich damit selbst. Gebt Gott allein die Ehre und lasset ihn Wahrheit werden in euch selbst. Der wahre Diener Gottes ist auserkoren zu einem Zeugen Gottes in dieser Welt. In ihm offenbart sich die Lüge nicht.

 

61)      Der wiedergeborene Mensch ist gezeugt durch denjenigen, welcher macht annimmt im Menschen, Macht im Willen und Vollbringen, im Sein und Werden. Gott zeugt sich selbst im Menschen und gibt Zeugnis von sich selbst in und durch ihn. Niemand erkennt ihn, als derjenige, der ihn in sich selber erfasst. Liebe ist das Gute, Gnade das Wahre, und der Mensch der Tempel, in welchem Gott seine Kraft und Herrlichkeit offenbart. Nur durch ihn allein kann Frieden auf Erden sein.

 

(Fortsetzung folgt)