Auszug aus den «Denkwürdigen Erinnerungen» von
Dr. Franz Hartmann
Tagebuch-Notizen
Unter den Rosenkreuzern gesammelt
62) Gott spricht: Ich bin
die ewige Liebe. Wer sich zu mir hält, ist mein Eigentum und wer sich von
mir wegwendet, der ist verloren. Dies kann nicht anders sein, um der
Freiheit willen, d.h. damit der freie Wille des Menschen gewahrt bleibe.
63) Bleibe o Herr, immerdar
im Menschenkinde, auf dass die Auferstehung in ihm zu Macht, Kraft und
Herrlichkeit werde, denn in dir allein wird das wahre Leben seinen Triumph
feiern in jedem einzelnen Menschen, der dich erfasst mit seinem ganzen
geistigen Sein.
64) Die Liebe spricht: Ich
fordere von euch nichts
, als dass ihr im Strudel der Welt, in der Familie und unter den
Wirkungen der verschiedenen Gegenkräfte stets meiner gedenkt. Ich bin die
Liebe, und ferne von euch sei der Zorn. In der Liebe und Weisheit erziehe
ich euch, in der Geduld erhalte ich euch, in der Gnade erlöse ich euch, in
der Gerechtigkeit erhebe ich euch. Euer Verlange soll mein Wille sein; in
diesem allein bin ich Meister in eurem Innern.
65) Wir sind von Gott
ausgegangen und in ihm ist unsere Heimat. Wer nach der Heimat kommen will,
muss sich nach ihr sehnen. Unsere Heimat ist das Licht und wer nach dem
Lichte strebt, der wird sich freuen, dass ein Stern leuchtet, der ihm die
Heimat verkündet. Nehmt an den kindlichen Sinn, vergesst das Böse in euch,
dann wird die Liebe die Kraft sein die euch belebt. Der Wurm, der in euch
naget, ist von eurem Eigenwillen erzeugt; an ihn seid ihr gebunden. Frei ist
nur das Geschöpf, das sich zu seinem Schöpfer erhebt.
66) Wir können das Äussere
nur dann in das Innere bringen, wenn wir von dem Feuer der Liebe
durchdrungen sind.
67) Das Grösste im Himmel
ist der geoffenbarte Vater; das Kleinste auf der Welt ist das Samenkorn,
welches der himmlische Vater in uns gelegt hat.
68) Der Glaube kommt aus
der Offenbarung, der Wille kommt aus dem Glauben. Aus dem Gefühl kommt die
Furcht, aus der Furcht das Gewissen, aus dem Gewissen der Verstand und aus
dem Verstand die geistige Erkenntnis.
69) Wir lieben einander
dadurch, dass wir geistig freien Willen haben. Das Gegenstück der Liebe ist
der Hass, aus der alle Bosheit entspringt.
70) Geistige Freiheit ist es,
wenn man die Begierden und Leidenschaften des eigenen Körpers bekämpft.
Geistesleben ist es, wenn man aus seinem Innern Belehrungen schöpft. Die
Gedanken werden dadurch gezügelt, dass man alles Äusserliche als einen
Durchgang ansieht, und es nicht in sich aufnimmt.
71) Der Wille ist eine dem
Menschen eigene Kraft. Sie hat ihren Sitz im Leben und dieses im Blut. Bei
dem äusseren Menschen ist das Blut der Wille über das Fleisch, und bei dem
inneren (himmlischen) Menschen ist das Wort Gottes die Kraft über Fleisch
und Blut. Die Kraft dieses Wortes ist die Wahrheit, und wir erkennen
dieselbe dadurch, dass wir das Wort in unserem Gefühl lebendig machen. Dies
aber geschieht dadurch, dass wir das Herzensgebet üben und die Gebote Gottes
befolgen lernen.
72) Die Seele ist das Gefühl,
ihre Kraft ist der Gedanke und ihre Offenbarung das Wort. Den Körper mit der
Seele verbindet das Wort, die Seele mit dem Geiste verbindet der Gedanke.
Die Kraft des Gedankens ist der Atem, und die Kraft des Wortes Gottes
im Menschen erweist sich durch die Handlungen, die er vollbringen kann.
73) Materie ist eine
äussere sichtbar wirkende, Geist eine unsichtbar wirkende Kraft.
74) Gedanke, Wort und
Offenbarung wird tätig durch den inneren Trieb nach dem Göttlichen. Durch
die Wiedergeburt ist der Seele die macht gegeben, sich in höhere Sphären zu
erheben.
75) Wir sollen uns keinen
Ahnungen, falschen Gefühlen, Träumen und Einbildungen hingeben, denn sie
sind selten Wahrheit, weil sie von unserem äusseren Geist kommen, wodurch
wir gedrückt und unruhig in unserem Innern werden.
76) Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft liegen im Menschen. Wir leben in der Vergangenheit durch den
Gedanken, sehen in die Zukunft durch das Gefühl und wirken in ihr durch die
Worte.
77) Die Hoffnung ist ein
verzehrendes Feuer für denjenigen, der in ihr nicht beharrlich bleibt. Sie
ist die innerliche Kraft des Glaubens. Die Liebe ist stärker als der Glaube
und Hoffnung, weil sie diese beiden Kräfte übersteigt.
78) Der Gedanke geht aus
dem Herzen, durchdringt den Menschen und geht wieder in den Mittelpunkt ins
Herz zurück. Als Licht dringt der Gedanke ins Herz und als Schatten geht er
wieder aus. Der Schatten ist das Zeugnis vom Licht und bildet verschiedene
Formen.
79) Meineid gegen Gott ist
es, wenn wir ihm in unserem Herzen versprechen, nicht mehr Böses zu tun, es
aber doch wieder vollbringen.
80) So wie in der äusseren Natur
die Wurzeln der Bäume tief in der Erde stehen und alle Kräfte von Mond,
Sonne, Gestirnen, Planeten, Regen und Luft in sich aufnehmen und als
Behälter an sich ziehen, so ist es beim Menschen. Alle himmlischen
Triebkräfte müssen nach unten gehen, um geläutert vom Geist wieder
emporzugsteigen durch die Liebe Gottes. (Es steigt nichts zum Himmel empor,
was nicht vom Himmel herabgekommen ist.)
81) Der Sitz des Gedankens
im Menschen hat drei Stufenreihen: Im Gefühl, im Herzen und in der Handlung.
Er hat seinen Sitz im Gefühl bei einem Menschen (Neophyten), der auf
Geisteswegen geht; im Herzen durch das Wort, woselbst er zeugend ist, bei
einem Menschen, der weiter im Geistigen vorwärts geschritten ist; in der
Handlung bei einem vollkommenen Menschen, der durch seine Organe dasjenige
vollführt, was er denkt.
82) Man soll Gott glauben
in der Hoffnung, dass man dasjenige erhält und erringt, was man glaubt. Eine
Grundlage dieses Glaubens ist es, wenn man an sich selbst glauben lernt.
Dies ist das Schwerste, weil wir von dem Sichtbaren auf das
Unsichtbare schliessen müssen. Nur ein treuer Schüler der Weisheit kann es
vollbringen. Eine andere Grundlage des Glaubens an Gott ist die geoffenbarte
Schöpfung, die wir sehen, und die uns zum Denken führen soll, und noch eine
andere ist die Lehre, oder das offenbarliche Wort, das wir hören und in uns
aufnehmen, das heisst lebendig machen sollen.
83) Der Glaube ist eine
grosse Wirkungskraft, jedoch die Kraft, welche von einem Menschen, der den
rechten Glauben hat, ausgeht, ist Handlungskraft, d.h. sie geht auf den
Nebenmenschen, der Glauben hat über und wirkt in ihm und bringt eine
offenbarliche Geburt in ihm hervor. (Darin besteht die geistige Führung).
Bei einem Zweifler und Ungläubigen geht sie aber wieder auf ersteren zurück.
84) Man soll sich selbst lieben
durch einen schaffenden Glauben. Man soll sich selbst (geistig gesprochen)
«die Hände auflegen» und alle materiellen Schmerzen austilgen, denn sie
hemmt den göttlichen Geist. Lernt fühlen die Kraft, die Grösse, die in euch
und in jeden Menschen gelegt ist. Es ist Gottes Liebesgabe, die ihr nur
nehmen dürft, vorausgesetzt, dass ihr den Willen, Glauben und Mut dazu habt.
85) Der Glaube ist geistiges
Leben. Er macht das geistig Tote uns lebendig und im Materiellen das
Lebendige tot.
86) Im Haupte ist der Sitz
der Macht und Gewalt, die Herrschaft über den ganzen Körper auszuüben. Das
Blut muss allerdings den Körper neu gebären; aber dieser Sprosse wäre leblos
und dem Sturme preisgegeben würde er nicht durch die Herrschaft des
Gedankens immer von neuem umgewandelt werden.
86) Das Händeauflegen ist
eine Form, die den Zweck hat, den Glauben zu stärken; denn die gleiche Kraft
die (bei einem Erleuchteten) von den Fingerspitzen ausgeht, ist in allen
Körperteilen lebendig ausströmend, so wir den Willen im Worte aussprechen.
Selig sind die Menschen, die Ihren Geist mit Gottes Geist vereinigen.
87) Die Seele eines
Menschen verbindet sich mit der Seele eines anderen Menschen in der Ferne
durch «Luft, Wasser und Schall». Die «Luft» ist die Kraft der Verbindung
zweier Seelen, das «Wasser» (Akasha) eine geschwängerte, verdickte «Luft»
und aus ihr geht die Form des Menschen hervor, mit dem wir Verkehr haben
wollen, so dass wir ihn erkennen. Der «Schall» ist das Leben des Ganzen,
nämlich das Wort, das er zu uns spricht.
88) Die geheimen Kräfte in
der Natur nennen wir Glaube, Wille und Offenbarung. Sie sind von Geburt aus
in uns gelegt, aber wir müssen sie beleben. Glaubet soviel wir ihr vermöget,
aber vergesst ja den Willen nicht.
89) Wir haben Gott in uns
erkannt als Kraft; aber diese Kraft ist nicht Gott selbst, sondern ein
Ausfluss von ihm, und sie ist uns untertan nach unserem Willen, sei er gut
oder böse.
90) Die Menschen können das
göttliche nicht fassen, weil sie selbst keine Wahrheit mehr in sich haben.
91) Das Böse hat kein Ich;
deshalb ist es und ist nicht. Es kann auch nicht schaffen; es ist auf
Wirkung beschränkt.
92) Der Herr spricht: So du dich
mir willst nahen im Geiste und in der Wahrheit, darfst du keinen Gedanken
haben und auch kein Wort bereit; nur fühlen allein.
93) Den Geistesäther (die Liebe
und Erkenntnis) sollt ihr atmen, nicht die rohe Tieresluft.
94) Der Mutige stirbt
nicht, aber der Zweifler verdirbt.
95) Alles Beginnen liegt im
Stillehalten seiner selbst. Nur so erreicht man das ersehnte Ziel. Der Ewige
spricht: So ich zu euch rede, bedarf ich eurer Gedanken nicht, aber wenn ihr
zu mir reden wollt, so müsst ihr dasjenige denken was ihr sprecht. Dann
werde ich eure Bitte gewähren, weil ich die Liebe bin. Rosen und Lilien
streue ich auf eure Bahn; die Disteln und Dornen habt ihr selbst gesäht.
96) Die «Verklärung auf dem
Berge» ist das Liebesfeuer gegen den Nebenmenschen, welches alles überwindet
und in welchem wir aus Liebe alles zum Opfer bringen. Diese Überwindung
führt uns zum Verkehr mit den seligen Geistern.
97) Nichts verdunkelt das
geistige Auge mehr als die Undankbarkeit.
98) Der Mensch überwindet
sein Blut durch den Glauben an das Gesetz Gottes, welches ihm verkündet wird
durch den Mund der Erleuchteten. Dieses Wort sollen wir glauben, wenn es
auch nicht nach unserem Sinn in Erfüllung geht.
99)
Lebendigsein ist eine Kraft, hervorgebracht durch den Willen. Der
Wille selbst ist diese Kraft.
100)
Wir können den Vater nicht sehen, weil wir keine Kinder Gottes,
sondern der Welt sind.
101) Das Blut ist Bewegung; der
Wille soll der Herr sein. Wer die Bewegung (die Leidenschaften) nicht hemmen
kann, der hat auch keinen Geisteswillen.
102)
Der äussere Mensch soll die Grundlage des inneren Menschen werden,
d.h. wir müssen die von aussen kommende göttliche Kraft in uns aufnehmen und
durch den Glauben in uns befestigen; denn dieser Glaube ist das Fundament
des inneren Menschen, aus welchem das Äussere hinein und das Innere
herauskommt.
103) Alle Formen des Himmels und
der Erde werden vergehen, aber das Wort kann nicht vergehen weil es die
Vollkommenheit ist.
104) Die Formen, welche wir
sehen, sind die Schatten des Lichtes. Wenn wir kein Licht in uns haben, so
leben wir in der Finsternis und die Finsternis ist der Tod.
105) Wir sollen Gott fürchten,
dadurch dass wir tun was er will. Dann haben wir Weisheit.
106)
In den Händen liegt die Handlung, und in den Armen die Kraft des
Geisteswillens.
107)
Ein Wort der Wahrheit macht die kranke Seele gesund.
108) Der Körper ist ein Zeugnis
des Schöpfers (des Gedankens) in der Natur. Der Krafgeist von diesem sind
die sinnlichen Gefühle.
109) Um sich selbst zu helfen,
muss man vor allem fest auf den Füssen stehen und den festen Glauben haben,
dass Gottes Kraft in uns wirkend ist, und dass wir uns durch diese helfen
können. Ist der Glaube gross, so können wir ein grosses Übel beseitigen; ist
er klein, so können wir nur für ein kleines helfen, dazu müssen wir von der
Liebe durchdrungen sein; aber von einer göttlichen, nicht nach dem Fleische,
sondern nach dem Geiste Gottes, der nur Gutes hervorbringt.
110)
Der Geist des Menschen ist aus drei Eigenschaften zusammengesetzt:
Übernatürlich, natürlich und widernatürlich. «Übernatürlich» ist dasjenige,
was die Materialisten nicht begreifen können. Natürlich ist der Mensch, wenn
er seine wahre Natur erkennt. Widernatürlich ist es, wenn man dasjenige was
man selber besitzt, ableugnet, weil man es nicht erkennt.
Der widernatürliche Mensch muss natürlich werden, ehe er das
Übernatürliche fassen kann.
111)
Die Schwerkraft des Geistes liegt im Körper mit seinen
Leidenschaften. Die Schwerkraft der Seele liegt in den materiellen Sinnen.
Wir müssen den Geist in uns zu befestigen lernen, denn er kann eine neue
Geburt nicht ausser uns, sondern in uns hervorbringen. Hierzu sind wir in
dieser materiellen Welt. In unsere materielle Körperhülle soll der Herr
einziehen, aber unser Eigenwille leistet ihm Widerstand, und solange sich,
ihm niemand ergeben will, so geschieht es auch nicht.
112)
Des Menschen Macht liegt in seinem Gehorsam. Wer sich dem Willen
Gottes fügt der ist ein Held.
113) Der Friede in uns selbst ist
ein Stern, der alle Wolken in unserem Haupte zerteilt.
114)
Geistiges Schauen ist es, wenn der Mensch im Lichte lebt, je nach dem
Grad seiner Erkenntnis.
115)
So wie der Mensch denkt, ist auch seine Seele, weil die Seele die
Form des Gedankens ist. Die Seele vollbringt die Tätigkeit der Sinne und
stellt sich uns in Bildern dar, so wie sie sind, seien sie schön oder
hässlich, wahr oder verkehrt. Die Seele ist der Spiegel des Menschen, in dem
er seine Gedanken sieht und das Sinnliche verkörpert sich abspielt.
116)
Die Seele ist die erste Offenbarung der Gottheit, weil sie ein
Ausfluss der Gottheit ist. Die Kraft der Seele ist eine natürliche, denn der
Körper muss ihre Grundlage sein. Die Eigenschaften der Seele sind: Erstens,
dass sie unsterblich ist. Zweitens, dass sie sich ausserhalb des Körpers
versetzen kann. Drittens, dass sie Gestalt annehmen kann. (Ihre angenommenen
Zustände bedingen die Gestalt, welche sie annehmen muss.) Der Geist kann
sich mit der Seele nur durch den Körper verbinden. Er ist die Kraft der
Seele. Ohne ihn hat sie kein offenbarliches Leben. Ohne das Licht des
Geistes bleibt die Seele für uns in der Finsternis. Die Zustände der Seele
werden im Innern an ihren Begierden erkannt.
117)
Die Sprache der Seele ist der Gedanke, ihr Kleid ist das Licht der
Erkenntnis, ihr Haupt ist der Gottesgedanke, ihre Füsse die Wahrheit, ihr
Herz die Liebe und ihre Zierde die Weisheit. Der Stachel der Seele d.h. die
Spitze, durch welche man sich selbst verwunden kann, ist die Sinneslust. Der
Mensch muss die materiellen Gedanken von sich streifen lernen, um mit der
Seele eins zu werden. Dies kann nur im höheren Bewusstsein geschehen. Es
soll nicht mehr Gedanke, sondern nur mehr Licht und Seele sein.
118)
Die Seele spricht in unserem Herzen durch die Gefühle, welche darin
walten. Sie kann verglichen werden mit einem Schmetterling; aber ihre
Flügel, durch die sie in die Höhe und Tiefe dringt, sind noch durch unseren
Eigenwillen gebunden. Wird dieser unterdrückt, so ist sie frei. Sie ist der
«Wohlgeruch des Herrn», wenn sie seinen Willen vollbringt.
119)
Die Seele ist im Menschen, damit sie offenbar werde und uns durch das
Leben auf dieser Bussstätte führe; aber um ihres Unglaubens Willen wissen
viele nicht, dass sie eine Seele haben. Durch die Erkenntnis der Wahrheit
wir die Seele aus der Tiefe gezogen. Der schwerste Druck, der auf ihr
lastet, ist die sinnliche Fleischeslust.
120)
Die Seele kann nur auf den Füssen stehen durch die Kraft des Wortes;
sie wird sichtbar durch die Tugend, fühlbar durch die Übung, hörbar durch
göttliche Gedanken, und auf den nächsten wirkend durch die Kraft der
Wahrheit, welche offenbar werden muss in der Nähe und Ferne. Sehen, hören,
fühlen und handeln sind die Kräfte der Seele.
121)
Die Gnade Gottes ist das Licht, welches das Weltall belebt, und im
Menschen ist sie das Licht, welches die Seele erleuchtet. Durch die Andacht
der Seele wird das geistig tote im Menschen zum Leben erweckt. Ihre höchste
Stufe ist der Glaube. Nur durch diesen kann sie in uns wirken. Sie nimmt
Nahrung von unseren Gedanken und bringt sie ins Fleisch.
122)
Die Seele kann nur durch den materiellen Gedanken an den Körper
gefesselt werden. Sie ist dann die Sklavin desselben und ihre Offenbarung
verkehrt. Die Seele des Menschen ist bei seiner Geburt das Leben. Wenn er
vollen Verstand erreicht, ist sie Willensfreiheit; bei einem geistigen
Menschen ist sie Gefühl, Gedanke und Wort, und bei einem Vollkommen, ist sie
der Herr über die Natur. Dem
Menschen, der die Seele nicht mit dem Geist verbindet, wird sie im Tode
wieder entfliehen. Der Gegner der Seele ist unser materieller Gedankengeist.
Wir bereits ihr die grössten Schmerzen, wenn wir ihrer Stimme nicht
gehorchen. Wer ihr gehorcht, dem wird es gut gehen auf Erden.
123)
Liebe, Hoffnung, Glaube und Erkenntnis vereinigen die Seele. Wer
diese Kräfte nicht hat, der gleicht einem wilden Tiere, das sich selbst
zerreisst. Wir kreuzigen die Seele durch die Zweifelsucht und martern sie
durch die Lüge. Glauben wir aber an ihr Wort, so verherrlichen wir sie im
Innern, und dann können wir auch Gott verherrlichen durch Taten nach aussen.
Bei einem Menschen, der kein Geisteswort zu denken hat, ist die Seele tot.
124)
Die Menschen versuchen die Seele durch ihre Ungenügsamkeit.
Was sie haben ist ihnen zu wenig, und sie erkennen es nicht, weil es
Wahrheit ist. Was sie aber nicht haben, das möchten sie in ihrer
Verkehrtheit besitzen.
125) Den «Sieg des Kreuzes» über
die Seele haben wir errungen, wenn selige Geister und Botschafter Gottes von
Angesicht zu Angesicht mit uns sprechen können. Wir müssen alles abstreifen,
was von der materiellen Geburt an uns haftet. Hierbei eröffnen sich die
neuen Sinne im Menschen.
126)
Aus dem Geiste des Gehorsams steigt der Glaube mächtig empor.
127) Töte dein Fleisch mit dem
Geiste der Wahrheit.
128) Die Seele ist ein Leben, mit
diesem müssen wir ringen. Der erste Kampf ist
mit dem eigenen Körper.
129) Des Geistes Nahrung ist die
Weisheit.
130)
Der Ausfluss der Seele ist das Zeugnis, das wir von der Gottheit
geben.
131)
Die Freuden des Lebens sind Träume; aber die Freuden (göttlichen) des
Geistes sind unvergänglich.
132)
In der Natur ist ein Mittelpunkt, welcher alles an sich zieht. Dieser
Mittelpunkt ist das Menschenherz, und die Kreise (Aura), die ihn umgeben,
sind gebildet durch die Ausströmungen unserer Gefühle, die von den
innerlichen Kräften kommen. Durch das Gedankenlicht wirkt der Mittelpunkt
auf diese Kreise, und es erweitert sich das innere Leben. Das Licht Gottes
(die Weisheit) ist das Leben der Seele. Seine Liebe ist so gross als seine
Weisheit: niemand kann sie erfassen. Seine Gnade durchströmt alle Glieder.
133)
Durch unsere Liebe wirken wir auf das Innere, und frei von unserem
Willen wirkt dieser Geist auf unseren Körper ein.
134) Der Grund, auf dem die Seele
steht, sind die Geistesgaben, die sie empfangen hat.
135)
Der Schatten der freien Seele ist lauteres Licht. Ihr Verlangen ist,
das Tote zu erwecken und Übel zu beseitigen durch die Kraft der Erkenntnis.
136)
Wer die Wahrheit in sich erkennt, der streut einen Samen aus, welcher
tausendfältige Früchte trägt.
137) Wer den wahren Glauben hat,
der hat auch Hellsehen, denn es kommt aus demselben hervor. Das Hellsehen
erklärt den Gedanken. «Verklärung» heisst die Wahrheit erkennen. Des
Menschen Vorahnungen nach dem Geist sind ein innerliches Wissen ohne
Hellsehen. Die wahren innerlichen Gefühle aber kommen aus dem Worte Gottes,
welches erkannt wird durch den Verstand.
138)
Viele Schwachheiten führen am Ende zu grosser Kraft; viele Leiden
krönen des Menschen Haupt.
139)
Der innere Sinn des Menschen ist eine Offenbarung, deren Quellen die
Gottheit ist und die zur Vollkommenheit führt. Am besten nimmt man den
inneren Sinn wahr im Lauschen heiliger Gefühle, d.h. stille sein in sich
selbst und im Glauben leben, dass Gott mit uns ist in allem, was wir tun.
Durch Übung im Guten wird dieser innere Sinn in seinem Wachstum gefördert.
Es ist der neugeborene Geistmensch, der sich in uns zu offenbaren strebt.
140)
Sterben ist sich verwandeln, d.h. von einem Zustande in einen anderen
übergehen.
141)
Das Äussere ist das Leben, das innere Licht und das Innerste die
Liebe. Das geistige Ich bringt durch die Kräfte, welche es umfassen, seine
Offenbarungen hervor.
142)
Der Mensch soll in sein eigenes Inneres schauen, wie durch ein feines
«Glas»,
das er in sich haben soll. Ohne dieses sieht er nur grobe Abdrücke.
Nur durch das Abstreifen der Leidenschaften kann das Gefühl für das Wahre
verfeinert werden.
143)
Der Mittelpunkt der ganzen Natur ist Gottes sichtbare Wahrheit.
144)
Die Liebe Gottes kann kein Mensch «verdienen»; sie ist eine Gnade aus
der Güte des Herrn.
145)
Das Ziel des Menschen ist, seine Seele aus den Banden des Fleisches
zu erheben, damit er ein wahres Kind des ewigen Vaters werde.
146)
Die geistige Willenskraft im Menschen ist ein innerlicher Trieb, und
dieser innerliche Trieb ist die Liebe. Er hat seinen Sitz im Gefühle. Nur
durch diesen Trieb können wir den Weg der Wiedergeburt gehen.
147)
Der Glaube ist eine geheime und unsichtbare Kraft. Sein wirkendes
Leben sind die Leiden, die Demut und die Geduld.
148) Diejenigen, welche verklärt
worden sind durch die Reinigung, tragen «weisse Gewänder», d.h. niedrige
Gedanken können in ihnen nicht mehr wirksam werden.
149)
Der wahre Geisteswillen ist die Liebe, und diese Liebe führt zum
Ziel. Durch das Feuer der Liebe zu Gott wird die Seele zur Kraft im Fleische
und das Wort wird Fleisch durch das Seelenleben. Das Leben der Seele im
Körper ist der Gottesgedanke, die Seele selbst das Gefühl durch den
Gedanken, welcher dem Herzen entspringt, betet man mit der Seele zu Gott.
150) Das Menschenherz ist erst
dann ein wahrer Tempel Gottes, wenn wir Kinder Gottes geworden sind.
151) Die Wiedergeburt der Seele
offenbart sich durch die Eröffnung der inneren Sinne, d.h. durch göttliches
Schauen, göttliches Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken. Man kann durch die
Seele das Äusserste vollbringen, wenn man mit dem ganzen Gefühlsleben auf
dasjenige wirkt, was man vollbringen will.
152)
Wer recht denken will, muss mit ganzer Seele dasjenige suchen und
erkennen lernen, was er denken will. Wer aufwärts steigen will, muss gerecht
sein in sich selbst.
153)
In der Höhe lebt die Demut gegen Gott.
154)
Die Grundfeste der Wahrheit ist ihre Erkenntnis; die Furcht derselben
ist die Gotteserkenntnis. Der Spiegel der Wahrheit ist die Seele in ihrer
Offenbarung. Wahrheit ist Wirklichkeit. Wahr ist alles was wirklich ist.
155)
In der Wahrheit liegt der Same der Weisheit, in der Weisheit der Same
zur Liebe, in der Liebe der Same zur Freiheit. Der Wahrheit Atem ist die
Kraft Gottes.
156) Unter Entsagung der
«weltlichen Freuden» versteht man demütig sein gegen Gott und zufrieden mit
dem materiellen Lose, das uns bestimmt ist.
157)
Schweigen und warten ist mehr wert, als schnell reden und handeln.
Wer klug sein will in seinen Reden, bei dem ist die Dummheit immer im
Mittelpunkt.
158) Von aussen so schön und im
Innern so leer! Mann von der Welt was willst du noch mehr.
159)
Wer die Ungerechtigkeit der Welt mit Geduld ertragen kann, der wird
geehrt im Himmel und gesucht von den Menschen auf Erden.
160)
Die Hoffnung ist noch nie zu Schanden geworden, es sei denn, dass man
sich selber betrogen hat.
161)
Der Ungläubige ist an die Hölle gebunden. Was ihn hinabzieht ist der
Tod für das Göttliche.
162)
Man lebt im Innern dadurch, dass man Gottes Wort in sich hört.
163)
Dasjenige Gebet, welches am meisten stärkt, ist im Glauben bleiben
und darin leben.
164)
Der Mensch wird wieder natürlich dadurch, dass er sich selbst wieder
erkennt.
165)
Der Gehorsam hebt uns zum höchsten Himmel, und die Gerechtigkeit hebt
uns von der Erde empor.
166)
In der wahren Busse sind wir, wenn wir Freude und Leichtigkeit in uns
fühlen.
167)
Das wahre Geistesleben entspringt dadurch, dass man sich selber zum
Opfer bringt.
168)
Im Natürlichen ist das Geistige eine unsichtbar wirkende Kraft, und
im Geistigen ist das Natürliche die Offenbarung unserer fünf Sinne.
169)
Die Weisheit ist die Offenbarung der Weisheit.
170)
Ein «Heiliger» ist derjenige, welcher seinem Glauben gemäss lebt.
171)
Man «nimmt dem Tod seinen Stachel», durch die Gnade Gottes.
172)
Der Schlüssel zum Evangelium ist der heilige Geist.
173)
Der Schlüssel zur Gerechtigkeit ist die Liebe. Nur der Gerechte kann
Gott in Wahrheit lieben.
175)
Man ehrt Gott durch seine Erkenntnis, und das eigene Leben durch die
Handlungen, die man vollbringt, den Nächste aber dadurch, dass man ihm seine
Fehler vergibt.
176)
Der Wille des Menschen wohnt in seiner Vernunft. Der Herr des Willens
ist das Gute oder Böse an sich selbst; der Leiter des Willens ist der Mensch
selber.
177)
Reinheit ist Unschuld. Nur derjenige lebt in der Reinheit, der sich
selber zum Opfer bringen kann.
178)
Unsere Leidenschaften sind das bewegende Leben in uns.
179)
Der Mensch ist insofern frei, als die Erlösung in ihm selber liegt
und er davon Gebrauch machen kann, wenn er will. Es hält ihn nichts anderes,
als sein eigener Unglaube gefangen.
180) Der Mensch fängt erst zu
leben an im Gebären seiner selbst.
181) Für den Menschen, der sich
selber in Wahrheit erkennt, hat alles keinen wirklichen Wert. Wir sollen
alles lassen, was finster ist.
182) Das grösste Recht wird
demjenigen zu teil, der sich selbst zum Opfer bringt.
183)
Die grosse Heerstrasse ist die Liebe, d.h. die Entsagung.
184)
Die wahre Liebe ist nicht das Begehren, sondern das Sein. Man gelangt
zu diesem durch Selbstlosigkeit.
185)
In der Wahrheit ist die Liebe, in der Liebe das Leben, im Leben das
Licht. Dies ist das Licht von dem wir zeugen.
186)
Die Macht hört dort auf, wo die Gewalt anfängt.
187)
Der Zweck des Daseins ist, dass man zur wahren Erkenntnis und
Wahrheit gelangt.
188)
Nur dasjenige, was wir selbst erkennen ist unser Eigentum.
189)
Durch die Selbsterkenntnis besiegt man den Tod.
190)
Des Menschen Freiheit liegt nicht in seinen Gedanken, sondern in
seinen Handlungen.
191) Das wahre Sein ist die
Unsterblichkeit. Das wahre Selbstbewusstsein entspringt dort, wo wir die
macht Gottes und seine Offenbarung in uns erkennen.
(Schluss)