Von den Sternen kommt der Mensch, zu den Sternen sehnt er sich zurück. Alle Völker verehren eine Sterngöttin, eine Weltenmutter, die alles hervorbringt, zu der alles zurückkehrt.

 

Dieses zurücksehnen nach dem Ursprung ist zunächst nur ein dunkles Ahnen, ein Gefühl der Verbundenheit mit dem Weltganzen, mit dem Himmelszelt. Unzählige Menschen schauen abendlich zu diesem Sternenzelt, ihre Seele möchte in dieser unendlichen Weite sich ausdehnen, sie möchte aus der Körpergebundenheit heraus, in eine grössere und bessere Welt, wo alle Ziele und Hoffnungen Erfüllung finden, wo alle Wesen sich in einer ewigen und einzigen Heimat wiederfinden.

 

Aber bald, bald kommt die Ernüchterung, der Mensch fühlt sich wie ein Nichts, wie Staub gegen dieses Grosse, er sieht sich winzig klein und in seinem Leibe gefangen. Er sieht ein, er hat auf der Erde Aufgaben, er hat Pflichten, und er erkennt bald die Unsinnigkeit, sich ins All verflüchtigen zu wollen.

 

Und doch haben wir ein Recht zu den Sternen aufzublicken, denn die Sterne wirken in uns. Der Mensch ist nicht nur aus einem Erdenkloss geschaffen, sondern Sternenkräfte haben den Organismus herangebildet. Im Menschen wirkt ein kosmischer Konstrukteur, der durch Jahrtausende hindurch den Menschenleib aufgebaut, die Sinneswerkzeuge geschaffen hat und ihn noch weiter baut. Hereingewirkt haben geistige Kräfte ins Physische durch das, was man ätherischen Leib nennt, man könnten diesen Leib auch Sternenleib nennen.

 

Durch diesen zweiten Menschen in uns sind wir Bürger des Kosmos und haben ein ahnendes Wissen von unserer Herkunft und Bestimmung. Dieses Wissen kann aber zu einem vollbewussten werden, sobald wir der in uns dauernd sprechenden Mahnung folgen und diesen zweiten Menschen weiter zu bilden gewillt sind.

 

Physische Augen wurden ausgebildet, physische Ohren und all die anderen Sinne. Aber hinter diesen Augen und diesen Ohren sind die Keime geistiger Sinne, geistiger Augen, geistiger Ohren, die dem künftigen noch werdenden Menschen im Menschen angehören.

 

Die Schöpfung bildet einen Erdmenschen aus, die Schöpfung geht aber noch weiter; sie bildet in dem Erdenmenschen einen feinstofflichen Sternenmenschen aus. Unser Körper ist nur ein Vorläufergebilde. Beim Kinde sitzen unter den Milchzähnen schon die Anlagen der späteren Dauerzähne. Ist die Zeit erfüllt, dann schiessen die Wachstumskräfte in diese neue Bildung hinein. So ist auch für jeden Menschen einmal die Zeit erfüllt, wonach dann der unsterbliche Dauermensch in dem sterblichen Erdenleib heranwächst.

 

Da geht der Mensch aus seiner Abgeschlossenheit heraus, er wirkt in den Weltraum hinein; zugleich nimmt er mehr und mehr die hohen heheren Götterkräfte wahr, die von dort entgegenkommen.

 

Dann bedeutet für ihn die cyklischen Perioden, die durch Sonne, Mond und Sterne in uns hineinspielen, etwas ganz anderes. Wenn Tag, Monat und Jahr abgelaufen sind, dann ist jedesmal in ihm etwas Neues entstanden. In den kosmischen Zeitregulatoren liegt ein Ansteigen und Abebben der ätherischen Kräfte. Dieses erlebt er mit und er ist jedesmal um eine Stufe weiter, wenn ein Cyclus abgelaufen ist, während der Durchschnittsmensch immer der gleiche bleibt. Die Cyclen rauschen an ihm vorüber, er merkt sie nicht, mit ihnen verschläft er die Gelegenheiten, an seiner wirklichen Entwicklung mitzuarbeiten.

 

Täglich und immer wieder pochen diese Gelegenheiten an seinen Sinn an, er merkt sie nicht, er weiss höchstens, dass er gestern etwas anderes gegessen hat als heute, dass er vor einem Jahr vielleicht einen geringeren Geldverdienst hatte als in diesem Jahr.

 

Der ätherische Mensch in uns geht alljährlich durch vier grosse Tore, alltäglich durch vier kleinere, und die Mondwanderungen entsprechen den Wandlungen der Kräfte zwischen oben und unten. Das muss man wissen. Da gibt es Zeiten wo geistig gesät wird, und Zeiten, wo geerntet wird; und man wird erleben, wie das innere Leben im Rahmen dieser Gesetze wächst und reale Form gewinnt. Die üblichen religiösen Übungen, früh, mittags und abends vor dem Schlafengehen, die Feste und Feiern des Jahres sind noch schwache Andeutungen von Einrichtungen, die einstmals dem Menschen klar zeigten, wie er ein kosmischer Bürger und dadurch unsterblich werden kann.

 

Alles ehrliche Suchen des Menschen, auch wenn es an sinnliche Dinge anknüpft, es geht auch dann schon den grossen kosmischen Weg. Unser alltäglichen Wünsche sind etwas anderes als wir glauben, und die Erfüllung ist auch etwas anderes als wir erwarten. Wir werden geführt, ob wir wollen oder nicht. Auch zu diesem Fernen Ziel. Das will alles Schicksal. Und das will das Heimweh.

 

Wenn die jungen Lebensjahre vorüber sind, wo der Mensch noch eine gewisse Weltverbundenheit in sich fühlte, schnürte er sich eine Weile ab. Er ist erstaunt über seine eigene Gescheitheit und der Intellekt sagt sich los von allem Übersinnlichen. Für viele Jahre oder für ein ganzes Leben ist er dann fasziniert von der sogenannten Bildung, von Kunst, Wissenschaft, Theater, Bücher, Reisen, Sport. In der Forschung ist er stolz auf den Begriff „Objektivität“. Erst später, wenn er sich ganz damit angefüllt hat, findet er vielleicht, dass er eigentlich immer das Gleiche tat, dass sich alles wiederholte, nur in irgend einer anderen Modifikation; er findet, dass er immer nur von einem Punkt aus die Welt gesehen hat und dass er keine andere Erkenntnisart erworben hat, ja, dass er bei allem immer der gleiche Mensch geblieben ist. Und es entsteht in ihm eine Leere. In dieser Leere begehen manche Menschen Selbstmord, eine Folge marxistischen Denkens. Urdeutsches Denken ist anders.

Es will wohl den irdischen Menschen ausbilden, es ist bodenstädiges Denken; es will aber auch die Verbindung mit Gott und der ewigen Heimat anstreben und stärken.

 

Unser materialistisch eingestelltes Dasein konnte nur deshalb noch gefristet werden, weil unsere Vorfahren Jahrtausende hindurch aus dem Übersinnlichen geschöpft haben. Die Marxisten und Monisten leben gerade von diesen Geistesgütern, die sie ablehnen. Die Konsequenzen ihres eigenen Denkens sind sie gar nicht in der Lage durchzuführen, denn das Leben wäre dann praktisch unmöglich.

 

Diese Leere ist jedoch heilsam. Dann kann der innere Mensch, der geschlafen hatte, wieder erwachen, der Mensch sucht wieder das Unsichtbare. Manchmal ist es ein Schicksalsschlag oder gar eine Katastrophe die ihn weckt. Dann kommt allmählich ein Heimweh, wie er es früher hatte; zunächst ganz subtil, es spricht deutlicher und deutlicher, und zuletzt eine laute Sprache.

 

Da gibt es einen bestimmten Zeitpunkt, wo der Mensch von gewissen Strömungen des Ätherleibes Notiz zu nehmen gezwungen ist, ja davon erfasst wird, getragen wird, was ihn wie eine unkontrollierbare Musik aus fernen Welten anmutet. Und von nun an beginnt ein wunderbarer Aufbau eines Organismus, den man nur als Strahlen – oder Leuchtemensch bezeichnen kann. In der Anlage hat jeder Mensch, wie schon gesagt, bereits einen feinen Fluidleib, der mit ganz bestimmten Organen ausgestattet ist. Sie sind bekannt als Regenbogenfarben leuchtende, wirbelnde Zentren, die in der Nähe bestimmter Körperteile (Scheitel, Stirne, Hals, Brust, Herz- und Magengegend) lokalisiert sind.

 

Sie sind von zwei vitalen Kräften durchströmt, teils von Erde und Mond.  Der Mensch lernt diese Kräfte wahrnehmen, wie sie von oben und unten einströmen und sich im Innern vereinigen. Er lernt eine Feuerkraft kennen, die durch all diese Seelenorgane, sie gegenseitig miteinander verbindend und belebend.

 

Von der Erde gehen von unten in diesen Ätherleib mächtige Elementarkräfte hinein, die dessen fluidalen Stoffaufbau bewirken. Es sind die Mutterkräfte des Erdgeistes. Aber von oben empfängt der Menschengeist die Mutterkräfte des oberen Kosmos, die in der nähe des Kopfes ein wunderbares Organ gestalten, in dem sich Seele und Geist vermählen.

 

Auf alten Bildern ist dies oft so dargestellt, dass über dem Kopf eines stilisierten Menschen Sonne und Mond schweben und sich vereinigen. (Chymische Hochzeit). Das Oben und Unten ist, wie bei der Pflanze, verbunden durch wendeltreppenartige Bildungen und Wege am Rückgrat, auf denen die ätherischen Kräfte auf- und absteigen.

 

 Und wie eine Pflanze nur dadurch bestehen kann, dass die oberen Säfte nach unten steigen (durch das Licht gebildete Stoffe, Zucker, Stärke usw.) und die unteren Säfte heraufgezogen werden (Salze der Erde), so kann der Mensch auch nur durch einen solchen doppelsinnigen Prozess existieren. Denn das Physische, das für die Begriffe des Anatomen mit diesen Dingen gar nichts zu tun hat, könnten nicht existieren, wenn nicht dauernd und ununterbrochen von diesem Äther- oder Lebensleib die Kraft in die Organe, Drüsen, Knochen, Muskeln und Nerven hineinfliessen würde.

 

Bodenständig muss der Mensch sein, aber auch zum Himmel muss er aufschauen.  Und das Obere muss dem Unteren entgegenkommen, wie auch umgekehrt. Darin liegt alle Weisheit.

 

Die oberen Kräfte des Ätherleibes sind beim Menschen Ursache der Hirnentwicklung gewesen, sie haben ihm dazu verholfen, mit Sinnentüchtigkeit und Verstand das Erdenrund zu erobern. Hier erhielt er sein tagwaches Bewusstsein. Aber er hat diese Kräfte noch nicht heruntergetragen in die Nachtseite seines Wesens.

 

Der untere Teil seines Ätherleibes ist verstrickt in das Dämonische, das in rhythmischer Bewegung seine Wellen als Leidenschaften ins Gehirn hinaufträgt. (Astralnatur). In den Bauchorganen sitzen ja auch die Ganglienknoten, kleine Gehirne des sympathischen Nervensystems, die der Sitz des Unterbewussten sind.

 

Dieses Gebiet, das dem Menschen oft in seinen Träumen furchtbar zu schaffen macht, hat er noch nicht erobert, es ist in Nacht und Grausen gehüllt. Aber darin verborgen liegen unerschöpfliche Lebenskräfte, die ihrer Befreiung harren. Hier ist der Lebensbaum, den der Mensch verloren hat.

 

Hier liegt auch das Soll und haben unseres Geschicks, da sitzen die Nornen, die aus bestimmten Gründen ihrer drei sind. Von hier kommt das Schuldgefühl des Menschen als solches, das durch Generationen geht, und das Mahnen, zurückzukehren zu Gott: Religion.

 

Aber dieser Teil unserer Seele ist gerade der bessere Teil in uns, wir besitzen ihn nur nicht, fremde Kräfte hausen darin, wir stehen mit leeren Händen da, wir suchen ihn dauern.

 

Ja, es gibt für uns eine Welt oben, eine Welt unten.  Die obere empfinden wir als eine Lichtwelt mit ihrer ordnenden Macht, die unser Geist empfängt und aufnimmt, die untere als eine Welt der Nacht, in der Kraft und Feuer walten, die aber in uns zunächst als chaotische Welt wirkt, die erobert und geordnet werden muss.

 

Dies wurde in Mythen seit Jahrtausenden schon dargestellt.  Das sind die oberen Götter und die unteren. Wo der Mensch steht, da scheiden sich zwei Welten im Kosmos, die die Astronomen noch nicht kennen. Der Mensch ist zwischen beide eingekeilt. Aber überall finden wir auch den Helden, der Hinabfährt zur Hölle und dessen siegreichen Aufstieg.

 

Wenn in der Nacht ein Mensch voller Sehnsucht zum Sternenhimmel aufschaut, so liegt in diesem Sehnen, in diesem Weh, in diesem Unvermögen und in diesem Gefühl der Winzigkeit und Ohnmacht zunächst nichts anderes als die ahnende Erkenntnis: Dieses Oben, was ich da sehe, ist eine Mahnung an mein unerlöstes Unten.

 

In der Abgrundtiefe meiner Seele nur dieses Unvermögen und dieses Erdrückende und dieses Weh. Das Ganze Weltall ist in mir und ich in ihm, wenn nur ich es vermag, den einzigen schweren Stein zu lüften, der mein eignes Grab verschliesst, in dem ich liege. -  Und wenn er dieses Ahnen weiter empfindet, wieder und wieder zum Himmel schaut, dann erkennt er: es gibt einen Weg, durch den kann ich zur inneren Ruhe und zum Frieden kommen.

 

Ich muss tief hinabsteigen, muss in Nacht und Dunkel meines eigenen Seelenabgrundes, muss in mein eigenes Grab hinabsteigen um das heraufzuholen, was verloren ist. Dann entsteht die Vereinigung der Doppelnatur des Menschen.

 

Antike Bilder haben diesen wiedergeborenen Menschen symbolisch und einesteils wieder ganz natürlich dargestellt, als Doppelseele mit zwei Gesichtern, die Sonne und Mond vereinigt zeigen.

 

Unten die chaotischen Mächte der Erde, oben über der Gestalt den hermetischen Vogel (entspricht dem heiligen Geist, auch oft durch eine Taube angezeigt), dessen Schwanzfedern im Rad den Regenbogen zeigen, darstellend die geistigen Samenkräfte aller Dinge.

 

Und ganz oben das Unaussprechliche, in Wolken eingehüllt. Dieses ganze Gebilde stellt dar, die Auferstehung aus Jahrtausende währendem Schlaf, Tod und Grab.

 

Es ist nicht zufällig, dass man die Gräber der Toten mit Blumen schmückt; das ist ein sehr sinnreicher, bedeutsamer Brauch: Tod und blühendes Leben werden da einander gegenübergestellt. Toter, verwesender Menschenleib und in reinster Offenbarung sich erlebendes Pflanzenwesen.  Wir alle sind Tote, wir tragen eine Gruft mit uns herum. In dieses Dunkel, in dieses Chaos müssen wir hinabsteigen, um dann die Blume eines neuen Menschen in uns und über uns zu gestalten. Das ist nicht nur Symbolik, das ist Realität. Und es wird erlebt.

 

Den Menschen die das grosse Heimweh haben, ist ein Wesen nahe, das ihnen die Hand reichen und den Weg zur wahren Heimat zeigen wird. Sie müssen diese Hand ergreifen, indem sie zustände der inneren Sammlung schaffen, indem sie Orte der Andacht aufsuchen, indem sie heilige Symbolik in das Gemüt einprägen.

 

Alle Menschen müssen diesen Weg einmal gehen. Die Menschheit als Ganzes wird heimatloser und heimatloser werden, wird in das Chaos getrieben, mit dem Reich der Dämonen zu kämpfen haben. Sie wird die Macht des Unten fühlen und wird davor erzittern, es wird sie zu verschlingen drohen.

 

Aber doch wird einmal nach vielen Leiden und Kämpfen alles untere Seelengut schliesslich geläutert nach oben getragen werden, zur Verwirklichung seiner Bestimmung. Dann werden Nacht, Finsternis und auch das Heimweh auf Erden verschwunden sein.       

  

 

       

 

Dr.med. Friedrich Schwab
 AUSZUG aus„von der Venus zur Madonna“
Liebe und Erlösung
„Ein Weg zum Auferstehungsmenschen“ 
I. Kapitel , „Heimweh