In okkultistischen und mystischen Kreisen wird sehr viel über die sogenannte Nächstenliebe gesprochen, was aber nur ein blosses Ideal ist und wer ununterbrochen von dieser Nächstenliebe spricht, der hat es zu diesem Ideal am weitesten.

 

Die wahre Nächstenliebe, wie auch die Liebe zu allen anderen Geschöpfen, ist nur demjenigen möglich, der sich mit der Allheit – mit Gott – vereinte.  Und das kann nur durch das Shamadi erreicht werden. Um einen Beweis zu geben, führe ich hier die Worte Swami Brahmanandas an. Der Swami unterhält sich  mit einem Schüler, der ihm die Frage stellt:„Herr, wie ist es mit der nichtvegetarischen Kost? Ist nicht Sünde darin? Ist es nicht ein Hinmorden der Tiere?“

 

Der Swami antwortet ihm:

 

„Keineswegs. Man sagt, dass es grösste Tugend sei, wenn man niemandem ein Leid zufügt, aber wann? Einzig nach dem Shamadi, wenn das höchste Wissen erreicht, wenn Gott in allen Geschöpfen erreicht wurde. Dann nur kann diese Tugend (Ahimsa) die wahre sein.  Vorher kann das aber selbst durch das längste reden nicht erreicht werden.  Es kommt nur dann, wenn ihr erkennt, dass derselbe Atman (Geist Gottes) wie in euch, so auch in der winzigen Ameise wohnt und dass zwischen euch und ihr kein Unterschied besteht. Vorher ist es unmöglich. Ihr könnt vom Nichtverletzen sprechen, aber könnt ihr in Wahrheit dem ausweichen nicht zu verletzen?

 

Welche Nahrung nehmt ihr? Kartoffeln? Aber diese bekommen neue Triebe, und aus dem Einlegen in den Boden entsteht eine neue Ernte – ist also die Kartoffel leblos?“

 

Das gleiche Gesetz gilt auch von der absoluten Nächstenliebe. Versuchen wir, uns diesem Ideal zu nähern, doch hüten wir uns davor, andere Menschen dazu anzuhalten, wenn wir selbst nicht besser sind. Wer ein wirklich heiliger geworden ist, wird auch dazu berufen sein, andere zu bessern, wenn Gott dies zulässt, Vorher ist es jedoch nur geistiger Stolz.

 

Verkehren wir nur mit unseren Freunden, vor allem mit Mystikern. Doch seien wir vorsichtig, denn in eine gut gehütete Schafherde schleicht sich ein Wolf ein.

 

Für unsere Feinde beten wir und wünschen Ihnen alles Gute. Wir verzeihen ihnen und bitten Gott, dass auch er ihnen verzeihen möge. Das ist der beste Schutz gegen alle bösen Menschen.

 

Der Mystiker hat eine Pflicht und dies ist gegen jede Magie und gegen Menschen, die sich mit ihr befassen, zu kämpfen, weil jeder Magier ein Feind Gottes und durch seinen persönlichen Stolz verblendet ist. Eine Ausnahme bilden nur die grossen Magier, die sich durch ein asketisches und heiliges Leben zu ihren Erfahrungen durchgearbeitet und durchgerungen haben. Es sind dies Meister, die ihre magischen Kräfte von Gott erlangten, wie zum Beispiel König Salomo, Appolonius von Tyana und viele Neuplatoniker.

 

Doch wir meinen hier die modernen Pfuscher, die jetzt über die ganze Erde verstreut sind und die Unerfahrene in ihre Loge locken. Sie alle haben Neigung zur schwarzen Magie.

 

Der beste Beweis hierfür sind ihre Bücher, die sie herausgeben. Diese handeln entweder über das Herbeirufen von Dämonen oder über Sexual-Magie. Die letzteren sind jedoch voll von Unsinn, womit bewiesen ist, dass ihren Autoren für dieses Thema nicht einmal die richtigen Quellen bekannt sind.

 

Anfänger in der Mystik kann ich vor diesen gefährlichen Dingen nur warnen. Eine gründliche Arbeit in dieser Richtung muss den besser Orientierten anheimgestellt werden.

 

Es wurde schon oftmals gesagt, dass der Mystiker seine mystischen Erlebnisse oder Zustände keinem Nichtmystiker verraten darf. Der grösste Teil der mystischen Zustände und Symbole ist in meiner „Mystischen Fibel“ (Neuauflage in Vorbereitung) enthalten. Übrigens besitzt jeder ein geheimes Buch das er aufschlagen kann und das, weil es die ewige Quelle des Wissens ist, ihm alle Fragen beantwortet.

 

Es ist sehr vorteilhaft, wenn Mystiker regelmässig zu Aussprachen zusammenkommen, um über Bücher zu sprechen, die sie gelesen haben. Bei solchen Zusammenkünften sind alle Gespräche auszuschalten, die die äussere Welt betreffen. Vor allem ist jede Kritik an anderen Personen, ob nun Mystiker oder Nichtmystiker, zu unterlassen.

 

Wer Nachreden liebt oder auf die Fehler seiner Nächsten hinweist, baut sich eine unüberschreitbare Mauer auf dem mystischen Wege. Solche Menschen sind nur zerstörende Elemente in jedem Kreis und darum sollte man sie nirgends dulden.

 

Wer diesen Rat nicht befolgen sollte, der kann versichert sein, dass es zu einem Zerfall des mystischen Kreises kommt.

 

Hat euch jemand gekränkt, so vergebt ihm. Vergesst was geschehen ist. Sollte sich dies aber einige Male wiederholen, so schaltet ihn aus eurer Mitte aus und verkehrt nicht mehr mit ihm. So handelten in der ersten Zeit des Christentums selbst die Jünger Jesu. Dadurch wird kein Fehler begangen, sondern einerseits nur die Lehre geschützt und anderseits die brüderliche Verbindung mit den anderen gestärkt.

 

Es ist auch notwendig, sich vor den vielen unechten Mystikern zu hüten, die gerne mit leeren Worten prahlen. Schon Rama-Krishna sagte, dass derjenige, der Gott kennenlernte, schweigt. Ähnlich predigte auch Jesus Christus, indem er sagte: „Nicht derjenige welcher ruft: Herr o Herr, sondern derjenige der den Willen meines Vaters erfüllt!“

 

Ferner hüten wir uns, scheinbare Gegensätze zu kritisieren, die manchmal in verschiedenen Büchern einiger grossen Mystiker vorkommen. Merken wir uns, dass auch ein Meister, solange er noch im menschlichen Körper weilt, wenn auch in kleinem Masse, so doch auch seinen persönlichen Ansichten unterliegt und das wir alle viel zu unbedeutend sind, um seine Worte zu analysieren oder gar zu kritisieren.  Meistens handelte es sich um falsche Interpretationen und scheinbare Fehler oder um schlecht Übersetzungen.

 

Alles Kritisieren, Philosophieren und Zerlegen der mystischen Lehre ist schädlich, weil wir damit nur ständig unseren äusseren Verstand, welcher der Mystik immer feindlich gesinnt ist, sättigen und stärken.

 

Ein hauptsächliches Merkmal eines leeren Gefässes ist das immerwährende Klappern. Und solche leeren Gefässe sind Menschen, die viel sprechen, weil sie damit nur ihren eigenen Stolz, zur Schau tragen wollen. Einerseits möchten sie immer und überall anderen Menschen ihre eigenen Ansichten aufdrängen und geltend machen und sie anderseits blenden.

 

Das sind Eigenschaften die Gott verachtet, denn der Schöpfer will demütige Diener haben, die sich selbst gering betrachten, auch wenn sie die grössten Geheimnisse kennen würden.

 

 

Demut und immer nur Demut ist der Schlüssel zum Erfolg in der Mystik.

 

       

 

Karel Weinfurter

"Auszug aus dem Königsweg"

 

"Vom Verkehr mit dem Nächsten"