

Die erste Tugend des mystischen Schülers muss Geduld sein. Dann muss
Tag für Tag geübt werden. Das gilt hauptsächlich für die ersten
Monate. Es sind hierzu ein starker Wille, Ergebenheit und Glaube
notwendig. Wer keinen
Glauben besitzt, kann niemals auf Erfolge rechnen.
Ferner muss der Schüler alle seine schlechten Eigenschaften und
Neigungen Gott opfern und Ihn um Gnade bitten, ihn in diesem Kampfe
zu bestärken.
Vor der Uebung ein kurzes Gebet. Dann die Gedanken: „ Ich will mich
Gott ganz hingeben und mit seiner Hilfe den Weg zu ihm antreten“.
Gott bitten, dass er einem während der Uebung vor schlechten
astralischen und Erdstrahlen beschütze (Fr. Gragorianus) und dass er
nicht einschlafe. usw.
Stille oder mystische Konzentration gibt es in verschiedenen
Varianten. Bei dieser ausgewählten ist das Ziel an nichts, nur an
den höchsten Geist, Gott oder Jesus Christus im Inneren „Gefühl“ zu
denken. Nichts anderes, keine Vorstellung. (Bilder) (nur im Gefühl
an Gott oder Jesus Christus).
Mabel Collins sagt im „Licht auf dem Weg, suche immer tiefer und
tiefer!“.
Anfangs sehen wir nichts als Dunkelheit. Wir stossen dabei auf eine
Art Hindernis. Es ist gleich, ob dies nun wirklich oder scheinbar
ist. Wir müssen es durch den festen Willen und die Sehnsucht nach
Licht überwinden. Wenn wir dieses Hindernis überwunden haben, fühlen
wir, dass wir noch nicht am Ziel sind.
Auch das zweite Hindernis muss gleichfalls überwunden werden. Auch
dann erwartet uns noch nicht das Ziel. Eine neue Anspannung des
Willens muss folgen. Die Nerven des Schülers sind bereits wie Seiten
gespannt. Sein Wille beginnt zu erlahmen. Manchmal wird er im
Glauben wankelmütig, das ist gefährlich. Er darf sich dabei keinen
Augenblick lang der Angst oder dem Zweifel hingeben. Wenn dies
vorkommen sollte, so ist sofort alle Anstrengung vergeblich gewesen,
zumindest für eine Weile.
Es ist also notwendig, auch das dritte, vierte und fünfte Hindernis
zu überwinden. Dann auf einmal fühlt der Schüler, dass er sich im
Heiligtum befindet. Er sieht es zwar nicht, aber er spürt eine
unbeschreibbare Ruhe und die hier herrschende Stille wirkt
berauschend.
Ein anderer Schüler empfindet eine heilige Furcht, aber es ist ihm
angenehm in ihr zu verweilen und er möchte für immer dort bleiben.
Wer nur ein einziges Mal den Eintritt in die („Innere Burg“) wie sie
die heilige Teresia nannte erlebte, vergisst dies niemals und
erkennt später immer sofort, ob ihn das Eindringen in sein
mystisches Zentrum gelungen ist oder nicht.
Nun konnte der Schüler bereits das unbeschreibbare Geheimnis des
inneren Friedens erleben und die erste Stufe der Einweihung ist ihm
nahe. Seine Konzentration wird beständig, seine Gedanken hören auf,
sich zu verändern und seine Vorstellung ist wie die unbewegliche
Flamme einer Kerze. Das ist der mystische Zustand der in Indien
Dharana genannt wird. Der Schüler, der ihn erreicht hat, muss
mindestens 12 Sekunden lang darin verharren. Erst vom Erreichen des
Dharana an beginnt der Same seiner Arbeit zu spriessen, denn sein
innerer Gott gibt ihm irgendwie zu verstehen, dass er ihn erreichte.
Was immer für ein Symbol, oder Bild der Schüler wählte oder
vielleicht den Weg ohne jede Vorstellung gegangen ist, in Dharana
hört jede Veränderung des Bildes auf und es bleibt klar vor dem
geistigen Auge bestehen, Alle Veränderungen des Denkprinzips
(Imagination) hören auf, solange das Dharana währet.
Wenn der Schüler immer tiefer und tiefer eindringt, meint er oft
gewaltsam eine Türe nach der anderen zu öffnen. Ich sage gewaltsam,
denn das Königreich Gottes soll gewaltsam erobert werden.
Viele Mystiker schreiben von diesem Kampf oder von einem
Durchbrechen der Türen oder Tore und behaupten, es wäre ihrer
sieben. Die letzte Türe führt ins Allerheiligste.

Karel Weinfurter
"Stille Konzentration"
Übung aus seinem Buch
Der Königsweg