S.152)
„ Sie übersehen bloss, dass
es vollkommen genügt, wenn ein einzelner sich bis in die Wurzeln
umgestaltet. Sein Werk kann dann niemals vergehen, - gleichgültig, ob es der
Welt bekannt wird oder nicht. So einer hat ein Loch ins Bestehende gerissen,
das nie mehr zusammenwachsen kann, ob es jetzt die anderen gleich bemerken
oder eine Million Jahr später. Was einmal entstanden ist, kann nur scheinbar
verschwinden. So ein Loch in das Netz reissen, in dem die Menschheit sich
vergangen hat, - nicht durch öffentliches Predigen, nein: indem ich selbst
der Fessel entrinne, das ist’s, was ich will.“
………………………………………..
S.153)
„Ursachen können wir nie erkennen; alles was wir
wahrnehmen ist Wirkung. Was uns Ursache zu sein scheint, ist in Wahrheit nur
ein – Vorzeichen. Wenn ich diesen Bleistift hier loslasse, wird er zu Boden
fallen. Dass das Loslassen die Ursache des Heruterfallens ist, mag ein
Gymnasiast glauben, ich glaub’s nicht.
Das Loslassen ist ganz einfach das untrügliche
Vorzeichen des Herunterfallens. Jedes Geschehnis, auf das ein zweites folgt,
ist dessen Vorzeichen. Ursache ist etwas vollständig anderes. Allerdings
bilden wir uns ein, es stünde in unserer Macht, eine Wirkung
hervorzubringen, aber es ist ein unheilvoller Trugschluss, der uns die Welt
beständig in einem Falschen Licht sehen lässt. In Wahrheit ist es nur ein –
und dieselbe geheimnisvolle Ursache, die den Bleistift zu Boden fallen macht
und mich kurz vorher verleitet hat ihn loszulassen. ………..
S154)
„Das
Reich der wahren Ursachen ist verborgen; wenn es uns gelingt, bis dorthin
vorzudringen, werden wir zaubern können.“
„Und sollte: seine Gedanken beherrschen können,- das
heisst, die geheimsten Wurzeln ihres Entstehens aufdecken
- nicht dasselbe sein wie zaubern?“
Pfeill
blieb mit einem Ruck stehen. „Freilich! Was sonst? Eben deshalb stelle ich
das Denken um eine Stufe höher als das Leben. Es führt uns einem fernen
Gipfel zu, von dem aus wir nicht nur alles werden überschauen, sondern
alles, was wir wollen, auch werden vollbringen können.“-………
S.161)
„Wissen
Sie so genau, dass ein Einfall, den Sie haben, tatsächlich in Ihnen geboren
wird und nicht eine Mitteilung von irgendwoher ist? Ich halte es für
mindestens ebenso wahrscheinlich, dass der Mensch nicht Erzeuger, sondern
nur ein Empfangsapparat – ein feiner oder ein grober- für alle Gedanken ist,
die – nehmen wir einmal an: von der Erde als Mutter gedacht werden. „……………..
S. 163)
„Es gibt
einen Weg der der „Schwäche“,-ist ein Hoffen auf Gott und das Kommen des
Messias. Es gibt auch einen Weg der Kraft. Baron Pfeill hat ihn angedeutet.
Das Ziel bleibt dasselbe; in beiden Fällen kann es erst erkannt werden, wenn
das Ende erreicht ist. Falsch ist an sich weder der eine noch der andere
Weg: unheilvoll wird er erst dann, wenn ein Schwacher, oder ein Mensch, der
voller Sehnsucht ist wie ich, den Weg der Kraft wählt, und ein Starker den
Pfad der Schwäche.“……
S.164)
„ Die
Starken haben keine Religion mehr nötig; sie gehen fei und ohne Stock;
diejenigen, die nur an Essen und Trinken glauben, brauchen ebenfalls keine
Religion; sie haben sie noch nicht nötig. – Sie bedürfen keines Stockes,
denn sie gehen nicht, sie bleiben stehen.“
S.165)
„Das Herrwerden über die Gedanken ist ein uralter
heidnischer Weg zum wirklichen Übermenschentum, aber nicht zu jenem, von dem
der deutsche Philosoph Nietsche gesprochen hat. – Ich weiss nur wenig
darüber. Mir graut davor. - - In den letzten Jahrzehnten ist mancherlei über
die „Brücke zum Leben“- - so lautet die echte Bezeichnung dieses
gefahrvollen Pfades -
von Osten her nach Europa gedrungen, aber zum
Glück so wenig, dass keiner, der die ersten Schlüssel nicht hat, sich
zurechtfinden könnte. Das Wenige hat schon genügt, um viele tausend
Menschen, besonders Engländer und Amerikaner, die alle diesen Weg der Magie
-
es ist nichts anderes erlernen wollten, ausser Rand und
Band zu bringen.
Eine
umfangreiche Literatur ist darüber entstanden und ausgegraben worden, zu
dutzenden laufen Schwindler aller Rassen herum, die sich als Eingeweihte
gebärden. – Aber, Gott sein Dank, noch weiss kein einziger, wo die Glocke
hängt, die da läutet.
-
Scharenweise
sind die Leute nach Indien und Tibet gepilgert,
ohne zu wissen, dass dort das Geheimnis längst erloschen ist. Sie wollen es
noch heute nicht glauben. – Wohl haben sie dort etwas gefunden, was einen
ähnlichen Namen trägt, - aber es ist etwas anderes, das schliesslich nur
wieder zum Weg der Schwäche, den ich vorhin erwähnt habe, oder zu den
Verwirrungen eines Klinkherbogk führte……
S.166)
„Wenn es
aber einem Menschen gelingt, über die „Brücke des Lebens“ hinüberzuschreiten,
so ist es ein Glück für die Welt. Es ist fast mehr, als wenn ihr ein Erlöser
geschenkt wird. – Nur etwas ist vonnöten; ein einzelner kann dieses Ziel
nicht erreichen, er braucht dazu - - eine Gefährtin. – Nur durch eine
Verbindung männlicher und weiblicher Kräfte ist es überhaupt möglich. Darin
liegt der geheime Sinn der Ehe, der der Menschheit seit Jahrtausenden
verloren gegangen ist.“
S.172)
„Was Sie
da sagen, ist mir ein vollkommenes Rätsel,“ fiel Hauberisser ein“ ein Wort
beständig in sich hineinsprechen sollte das Schicksal eines Menschen
bestimmen oder ändern können?“
S.179)
„Die
Worte Shepardi’s, es gäbe einen königlichen, verborgenen Pfad, auf dem ein
Weib dem Gatten mehr sein könne als blosse irdische Freude, leuchtete ihr
wie ein ferner Hoffnungsstrahl, aber wo den Eingang suchen?“
S.183)
… „alles,
was sie tat, geschah mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie früher, und
doch kam es ihr neu und ungewohnt vor, - so, als seien ihre Hände, ihre
Augen und ihr ganzer Körper nur noch Werkzeuge und nicht mehr mit ihrem Ich
untrennbar verbunden. Sie hatte die Empfindung, als lebe sie gleichzeitig an
einem fernen Ort irgendwo im Weltall ein zweites, dumpfes, noch nicht völlig
erwachtes Leben wie ein Kind, das eben erst geboren worden. Die Dinge im
Zimmer hatten von ihren eigenen Organen nichts wesentlich verschiedenes mehr
für sie, - waren beides Gebrauchsgegenstände für den Willen, nichts
weiter.“…
S.183)
..“was
sie jetzt mit den Sinnen wahrnahm, fast wie ein Traum an ihr vorüberglitt
der ob leid- oder freudvoll, immer nur ein Schauspiel ohne tiefer
einschneidende Bedeutung blieb für das erwachte Ich. „ …..
S.186)
„Mit
Staunen wurde sie gewahr, dass ein geheimes, unsichtbares Band die Menschen
umschloss, - dass ihre Seelen einander erkannten über die Körper hinweg und
mitsammen sprechen konnten in unwägbaren Schwingungen und Gefühlen, die nur
zu fein waren, um von den äusseren Sinnen erfasst zu werden. – Wie
Raubtiere, scheelsüchtig, gierig und mordbereit, machten sie sich das Leben
streitig und doch bedurfte es vielleicht bloss eines winzigen Risses in dem
Vorhang, der über ihren Augen lag, um aus den erbittersten Feinden die
treusten Freunde zu machen.“….
S.187)
„Die Feindseligkeit, die sie um sich her lauern spürte,
belehrte sie, dass sie sich irrte. Es ging ein finsterer Hass von der Erde
aus, der sich gegen sie richtete,
- der kalte unbarmherzige Grimm, den die Natur
auf den Menschen wirft, wenn er es wagt, an den Fesseln seiner Knechtschaft
zu rütteln.“
S.201)
„… dass Gebete nur ein Mittel sind, um Kräfte, die in
uns schlummern, gewaltsam zu erwecken. Zu glauben, dass Gebete den Willen
eines Gottes zu ändern vermöchte ist Torheit. – Die Menschen, die ihr
Schicksal dem Geiste in sich überantwortet haben, stehen unter geistigem
Gesetz.
Sie sind mündig gesprochen von der Vormundschaft der
Erde, über die sie dereinst Herren werden sollen. Was ihnen im Äusseren noch
zustösst, bekommt einen vorwärts treibenden Sinn; alles was mit ihnen
geschieht, geschieht so, dass es keinen Augenblick besser geschehen könnte.“
S.202)
„Das
Schwere ist die Anrufung des Geistes, der unser Schicksal lenken soll; - nur
wer reif ist, dessen Stimme hört Er, und der Ruf muss aus Liebe geschehen
und um eines anderen Menschen willen, sonst machen wir die Kräfte der
Finsternis in uns lebendig.“
S.202)
…“es gibt Wesen aus dem lichtlosen Reiche Ob – sie
fangen die Gebete ab, die keine Flügel haben;“ – sie meinen damit nicht
Dämonen ausser uns, denn gegen
solche
sind wir durch die Mauer unseres Körpers geschützt, - sondern magische Gifte
in uns, die, wachgerufen, unser Ich zerspalten.“
S.203)
„Erst,
wenn von unserer Seite alles geschehen ist, was in irdischer Macht liegt,
haben wir ein Recht, die Hilfe geistiger Einflüsse zu erwarten.“ - -
S.207)
..“und
nehmen Sie Ihre Sorgen nicht mit in den Schlaf hinüber. Wir können mehr tun
mit unserer Seele, wenn der Körper sie mit seinem Kummer nicht mehr stört,
als die Menschen ahnen. -..
S.208)
…“begab
es sich, dass ich eines Tages Zeuge wurde, wie man ein Pferd abrichtete.
Man hatte
es an einen langen Riemen befestigt und trieb es, ohne ihm nur eine Sekunde
Ruhe zu gönnen, im Kreise umher. – So oft es an eine Hürde kam, über die es
springen sollte, brach es aus oder bockte. Hageldicht und stundenlang
sausten die Peitschenhiebe auf seinen Rücken nieder, aber immer weigerte es
sich zu springen. Dabei war der Mann, der es quälte, keineswegs ein roher
Mensch und litt selber sichtlich unter der grausamen Arbeit, die es
verrichten musste. – Er hatte ein gutes, freundliches Gesicht und sagte mir,
als ich ihm Vorstellung machte:, ich würde ja gern dem Gaul für meinen
ganzen Taglohn Zucker kaufen, wenn es dann nur begriffe, was ich von ihm
will. Ich hab dergleichen oft genug versucht, aber es hilft nichts. Es ist,
als ob in so einem Tier der Teufel steckt, der ihm den Verstand verblendet.
Und dabei ist’s doch so wenig was es tun soll‘.-
Ich sah die Todesangst in den wahnsinnigen Augen des
Pferdes, wenn es an die Hürde kam, jedesmal von neuem aufleuchten, und las
in ihnen die Furcht:, jetzt, jetzt wird die Peitsche auf mich
niederfallen‘,………
S.209)
…- und zu meinem Leiden einsehen musste, dass doch nur der grimmige Schmerz
es war, der als Lehrer schliesslich zum Ziele kam, da blitzte in mir die
Erkenntnis auf, dass ich selber es auch nicht anders machte als das Pferd:
das Schicksal hieb auf mich ein, und ich wusste nur, dass ich litt, - ich
hasste die unsichtbare Macht, die mich folterte, aber dass alles nur
geschah, damit ich irgend etwas vollbringen sollte – vielleicht eine
geistige Hürde überspringen, die vor mir lag, - das hatte ich bis dahin
nicht begriffen……...
… ich lernte die Unsichtbaren, die mich vorwärts peitschten, lieben, denn
ich fühlte, sie gäben mir auch lieber ‚Zucker‘, wenn es auf diese Art ginge,
mich über die niedrige Stufe sterblichen Menschentums in einen neuen Stand
zu erheben…..
S.210)
Wichtig für mich war vor allem das eine: ich hatte bis
dahin in dem Wahne gelebt, was mir an Leid geschähe, sei eine Strafe, und
ich mich mit Grübeln zerquält, womit ich mir sie wohl verdient haben
könnte,- dann mit einmal kam für mich Sinn in die Härten des Schicksals,
und wenn ich auch sehr oft nicht ergründen
vermochte, was für eine Hürde ich überspringen sollte, so war ich doch von
da an
nach bestem Willen ein gelehriges Pferd………
..mit dem Begriff der Strafe fiel auch von selbst die Schuld weg und aus dem
Zerrbild eines rächenden Gottes wurde im veredelten, von Form losgelösten
Sinn eine wohltätige Kraft, die mich nur belehren wollte – so, wie der Mann
das Pferd….
..Die Leute glaubten, wenn sie meinen Rat anwandten, immer leicht erraten zu
können, was der unsichtbare ‚Dresseur‘ von ihnen verlangte und hörten die
Schläge des Schicksals dann nicht sogleich auf, so gerieten sie wieder in
ihr altes Geleise und schleppen murrend oder – ‚ergeben‘ wenn sie zur
Selbstbelügung der sogenannten Demut ihre Zuflucht nahmen – ihr Kreuz
weiter. Ich sage: wer schon so weit ist, dass er nur zuweilen erraten kann
was die drüben, - oder besser: ‚Der grosse Innerliche‘ von ihm will, das er
tue, der hat schon mehr als die Hälfte der Arbeit hinter sich. Das Erraten
wollen bedeutet allein schon eine vollkommene Umwälzung der
Lebensauffassung; das Erraten-können ist bereits die Furcht dieser Saat.-
S.211)
..Es ist ein schweres Ding dieses Erratenlernen, was wir tun sollen!
Im Anfang, wenn wir die ersten Versuche wagen, ist es wie ein unvernünftiges
Tappen, und wir begehen da zuweilen Handlungen, die denen eines Verrückten
gleichen und lange keinen Zusammenhang zu haben scheinen. Erst nach und nach
bildet sich aus dem Chaos ein Gesicht, aus dessen Mienen wir den Willen des
Schicksals lesen lernen können; im Beginn schneidet es Grimassen…
.. aber dennoch ist das, was Sie tun sollen: diejenige
magische Kraft zu suchen, die es für die Zukunft ausschliesst, dass Ihre
Braut jemals wieder ein Unheil zustossen kann; sonst möchte es vielleicht
geschehen, dass Sie sie finden, um sie immer wieder zu verlieren, so, wie
sich die Menschen auf der Erde finden, um vom Tod auseinander
gerissen zu werden. ..
S.212)
..Aber gerade dieser Moment ist der kostbarste und kann zum Sieg über den
Tod führen. – Der Geist der Erde fühlt gar wohl, dass ihm in diesem
Augenblick die Gefahr droht, von Menschen überwunden zu werden, und deshalb
stellt er uns gerade da die tückischsten Fallen…
S.213)
.. trotzdem rate ich Ihnen heiss und dringend, lassen Sie alles Äussere
seiner Wege treiben und suchen Sie in den Lehren, die jener Unbekannte
niedergelegt hat, das, was Ihnen nottut. Alles wird sich von selber
einstellen. -….
.. Wer richtig sucht, der kann nicht angelogen werden. Es gibt keine Lüge,
in der nicht die Wahrheit stäke; es muss nur der Punkt der richtige sein,
auf dem der Suchende steht,“ – Swammerdam drückte Hauberisser rasch die Hand
zum Abschied – „ und eben heut stehen Sie auf dem richtigen Punkte: Sie
können ohne Gefahr nach den furchbaren Kräften greifen, die sonst unrettbar
den Wahnsinn bringen, - denn Sie tun es jetzt um der Liebe willen.“..
Fortsetzung
folgt