Auszüge aus Briefen von Gustav Meyrink

 Lieber Leser

Auf der Suche

Erster Brief:


 V
om 30.06.1917, auf der Suche nach Licht



"Ich weiss sehr genau, was es heisst: nach Licht schreien, dass man fast dabei verbrennt, - habe mein Leben lang geschrieen, bis ich endlich - gefunden wurde.

Das Einzige was finden wert ist, ist nur das innerste "Ich", jenes Ich, das wir sind und immer waren, ohne es gewusst zu haben. Dieses Ich ist immer Subjekt, ist reiner Geist, frei von Form, Zeit und Raum, in dem es sich nur quasi bruchstückweise legiert hat. Sie sind es, aber erst noch potentiell, noch nicht bewusst. Wenn Sie es bewusst werden, stehen Ihnen, solange Sie noch eine tierische Hülle haben die Magie des Wortes zur Verfügung, - später die Allgewalt über jegliche Materie.

Vorerst muss der Weg ins Innere gegangen werden, dann - bereits auf Erden - die Betätigung der Wortmagie (nicht der niederen Astralmagie). Ersteres ist der Weg der Wiedergeburt. -

Den Kerning'schen Weg der Buchstabenübungen halte ich für einen Umweg. Ich bin ihn Jahre lang gegangen und fast zugrunde daran gegangen. (- ich bekam Rückenmarkschwindsucht, die dann geheilt !!! wurde).

Es gibt einen viel einfacheren Weg: - Das innerste Ich ist Zart wie ein Schmetterling. -auf das allersubtilste, feinste, zarteste, selbstverständlichste muss man ins Innerste gehen.< Das mit Gewalt das Himmelreich nehmen < ist heute ungeeignet- nur für Fakire- Jede zeit hat Ihre anderen >Wege<.- Der reinste Weg zum Innersten ist zart;- glauben Sie denn, das göttliche Ich ist taub, dass man es à la Kerning stundenlang anbrüllen müsse ?

Der beste Schlüssel heisst,: Freude! Freudiges Vertrauen:> Ich weiss, dass Du mein Ich , allmächtig bist, wenn ich Dich nicht finde; ich weiss, dass nichts was ich tue, Sünde in Deinen Augen ist; wirke Du das Zauberwort in mir.<So ungefähr."

Ich werde Ihnen in ca. 3 Wochen eine englische Broschüre schicken, in der eine indische Ich<übung steht die ausgezeichnet ist.- Ich glaube, dass unserer arischen Rasse die Kabbala nicht so liegt; sie spricht mir zuviel von >Gott< Gott ist das >Ich<. Ausser dem >Ich< gibt's keinen Gott. Wohl sagt im Grunde die ächte Kabala dasselbe, aber verhüllt"

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